Pätzold weist ai-Kritik zurück

■ Ausländerbehörde will jetzt Nummern in Flüchtlingsheimen ausgeben / Gestern früh wieder Menschenschlangen am Friedrich-Krause-Ufer

Wedding. Als „überzogen“ hat gestern die Innenverwaltung die Kritik der Menschenrechtsorganisation amnesty international an der gegenwärtigen Asylpraxis zurückgewiesen. Amnesty international hatte angesichts der entwürdigenden Zustände vor der Asylstelle der Ausländerbehörde am Friedrich-Krause -Ufer (die taz berichtete) kritisiert, daß der Zugang zu einem fairen Asylverfahren nicht mehr garantiert sei. In einigen Fällen hatten Flüchtlinge, durch tage- und nächtelanges Warten demoralisiert, aufgegeben und ihre Pässe zurückverlangt.

Nach den Worten des Pressesprechers der Senatsinnenverwaltung, Thronicker, wurde bislang „alles Menschenmögliche“ getan, um Abhilfe zu schaffen. Das Personal sei angesichts der steigenden Zahl von Asylantragstellern verstärkt, Container als provisorische Büros bereitgestellt worden. Wo Engpässe entstünden, müsse man warten, erklärte Thronicker, um dann einen - nach seinen Worten - „saloppen Vergleich“ anzuführen: „Bei einer Schlange an der Supermarktkasse ist das im Prinzip nicht anders.“

Auch gestern hatten sich in den Nacht- und frühen Morgenstunden wieder Menschenschlangen vor der Ausländerbehörde am Friedrich-Krause-Ufer gebildet. Die Behörde will jedoch nach eigenen Angaben ab sofort Wartenummern in den Flüchtlingswohnheimen ausgeben, in deren Reihenfolge die Asylantragsteller dann vorgelassen werden. Von dieser Maßnahme profitieren allerdings nicht die Flüchtlinge, die direkt zur Ausländerbehörde im Wedding gehen, um einen Antrag zu stellen.

Für eine spürbare Verbesserung könnte auf Initiative mehrerer Ausländerbeauftragter aus Ost und West auch die DDR -Regierung sorgen. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sich die Ausländerbeauftragten der Bundesregierung und des Ministerrates sowie der Länder Berlin Ost und West, Niedersachsens, Hamburgs und Bremens dafür aus, ausländischen Vertragsarbeitnehmern ein Bleiberecht in der DDR einzuräumen. Aus Angst, in ihre Heimatländer zurückgeschickt zu werden, haben inzwischen rund 5.000 Vietnamesen im Westen Asyl beantragt.

anb