Bonn-Washington-Tokio

■ Auf dem Wirtschaftsgipfel der großen Sieben zeigte sich eine neue Welt-Achse

Die „Chemie“, das persönliche Verhältnis zwischen den beiden, stimmt. Der flache Bush und der tumbe Kohl finden in der füchsischen Art, ihre jeweilige Politik durchzusetzen, zahlreiche Gemeinsamkeiten - sei es in Camp David oder auf dem gestern in Houston zu Ende gegangenen Wirtschaftsgipfel. Ausgerechnet diese beiden wohl am meisten unterschätzten Politiker werden nun das Führungsgespann darstellen, das für das Europa der 90er Jahre entscheidende Weichen stellt. Denn mit der längst ablösungsfälligen Margaret Thatcher an der Spitze hat Großbritannien seit dem Abtreten Ronald Reagans nichts mehr zu sagen. Und auch die Franzosen haben als unzuverlässige Nato-Brüder in diesen Tagen weniger Zugang zum Weißen Haus als der neudeutsche „Bismarck“ aus Oggersheim. Für George Bush führen eben alle Wege nach Europa über Bonn.

Diese neue Achse Washington-Bonn wird in der Triade mit der neuen ökonomischen Supermacht Asiens wirtschaftlich definiert werden. Kohl bekam seine Wiedervereinigung und durfte aus Houston die Tolerierung eines deutschen Sonderwegs in den wirtschaftlichen Beziehungen zur Sowjetunion mit nach Hause nehmen. Japans Premier Taifu bekam im Abschlußkommunique des westlichen Wirtschaftsgipfels die Kurilen zugesprochen und darf gegenüber China seine eigene Schuldenpolitik durchführen. Im Ausgleich dafür gab sich Deutschland in der Agrarpolitik konziliant, während die Japaner vor wenigen Wochen bei den bilateralen Verhandlungen mit den USA über Handelshemmnisse Zugeständnisse machten.

Vordergründig betrachtet haben die USA auf diesem Gipfel bei den Kompromissen zum Umweltschutz, bei der Agrarreform und in der Frage der Finanzhilfe an die Sowjetunion „gewonnen“. Und zwar mit einem Standpunkt, der in allen drei Bereichen Resultat des sturen amerikanischen Beharrens auf einer Ideologie des totalen Freihandels ist. Für die Ausbeutung der Entwicklungsländer in den Handelsbeziehungen

-das wissen auch Bonn und Tokio - ist das ausgesprochen nützlich. Im zukünftigen wirtschaftlichen Schlagabtausch zwischen den drei regionalen Supermächten wird den USA diese reine Liberalisierungsideologie und der Mangel einer heimischen Industriepolitik jedoch zum Nachteil gereichen. Die nächsten Kriege, das zeigt der Vergleich zwischen dem friedlichen Nato-Gipfel in London und dem konfliktgeladenen Wirtschaftsgipfel in Houston, werden Handelskriege sein.

Rolf Paasch, Houston