SPD: Beitritt vor der Wahl

■ Die Bonner Oppositionspartei will völlig neue Präambel statt einzelner Streichungen

In Bonn werden zur Zeit zahlreiche Entwürfe für Staatsverträge mit der DDR gehandelt. Innenminister Schäuble will in seinem dem Bundestagsausschuß Deutsche Einheit vorgelegten Papier nur Organisatorisches regeln: Beitritt der DDR nach der gesamtdeutschen Wahl und Übernahme des Grundgesetzes als Gesamtdeutsche Verfassung. Lediglich das Wiedervereinigungsgebot aus der Präambel und der Artikel 23 (Möglichkeit des Beitritts) sollen gestrichen werden. Der SPD ist das alles viel zu wenig. Sie will eine völlig neue Präambel zu zahlreichen Verfassungsänderungen. Vor allem aber soll der Beitrittstermin vor der Wahl liegen. Die Stellvertretende Vorsitzende Hertha Däubler-Gmelin: „Der 1. Dezember 23 Uhr 59 wäre mir sehr recht.“ Die CDU -Vorstellung, vor dem Beitritt zu wählen, findet sie „saublöd“. „Ich kann mir nicht vorstellen, daß die das ernsthaft weiterverfolgen.“ Schon bald nach der Wahl müßten dann, so Däubler-Gmelin, zum zweiten Mal gesamtdeutsche Wahlen stattfinden: Die Parlamentarier aus der DDR seien nämlich lediglich Delegierte und keine richtigen Bundestagsabgeordneten.

Bei einem Treffen mit dem Parteivorsitzenden der SPD in der DDR, Wolfgang Thierse, soll der SPD-Kanzlerkandidat, Oskar Lafontaine, allerdings eine neue Linie abgesteckt haben: Es gebe wichtigere Forderungen durchzusetzen als den Wahlmodus. Die CDU besteht bislang auf zwei getrennten Wahlgebieten. Am 20. Juli sollen die Verhandlungen zwischen den Ministerien in Ost und West über notwendige Übergangsregelungen für Gesetze abgeschlossen sein. Ende August will die Bonner Regierung den Vertrag dann ratifizieren. Ein Vorbehalt ist in Schäubles Entwurf formuliert: Falls die 4-plus-2 -Gespräche bis Dezember zu keinem Ergebnis kommen sollten, werden die gesamtdeutsche Wahl und der Beitritt der DDR verschoben.

Tina Stadlmayer