AL und SPD sitzen Krise aus

■ Die rot-grünen Koalitionspartner haben sich in getrennten Marathon- Sitzungen - vorerst - für die Fortsetzung der Koalition entschieden

West-Berlin. Nach stundenlangen Krisensitzungen haben sich die beiden Koalitionsparteien SPD und AL jeweils mit großer Mehrheit für den Fortbestand der krisengeschüttelten rot -grünen Koalition ausgesprochen, beide stellen jedoch Bedingungen an den Koalitionspartner. Wie berichtet, hatten sich am Donnerstag abend die SPD-Fraktion und der SPD -Landesvorstand hinter verschlossene Türen im Schöneberger Rathaus zurückgezogen, um über die Zukunft des Bündnisses zu entscheiden. Über fünf Stunden, bis in die späte Nacht hinein brauchten die Sozialdemokraten, um sich über eine Antwort auf den Brief von Renate Künast und Bernd Köppl von der Al zu einigen, den diese dem Regierenden Bürgermeister am letzten Wochenende hatten zukommen lassen. In dem Schreiben war Momper aufgefordert worden, der AL zuzusichern, daß sie im Senat nicht mehr überstimmt werde und auch keine Ressorts beschnitten werden.

Über den genauen Inhalt des Antwortbriefes der SPD entflammte nach Informationen der taz eine heftige Debatte. Eine erste Version, die nur formal am Bündnis festhielt, verschwand im Papierkorb. Mit großer Mehrheit der Fraktion und des Landesvorstandes wurde schließlich ein zweites Schreiben entworfen, das der AL gestern morgen übergeben wurde. Dort heißt es im Wortlaut: „Wir haben keinen Anlaß, diese Koalition aufzukündigen, nur weil schwierige Entscheidungen anstehen... Wir haben nicht die Absicht, die Senatorinnen der AL im Senat zu überstimmen oder deren Ressortzuständigkeit einzuschränken. Ich bitte aber um Verständnis dafür, daß Entscheidungen sich streng an Recht und Gesetz orientieren müssen.“

Zufrieden zeigte sich nach der Sitzung Fraktionschef Staffelt. „Die Koalition muß endlich ihre Erfolge herausstellen und sich positiv zu sich selbst stellen“, forderte er. Staffelt besuchte gestern die AL-Fraktion und den AL-Parteivorstand zu Beginn deren Krisensitzung über die Koalition. Von 12 Uhr an bis in den späten Nachmittag hinein brauchten die Alternativen, um auf der Grundlage des Momper -Briefes über das Schicksal der Koalition zu entscheiden. Hinter fest verschlossenen Türen wurde kontrovers diskutiert. Gegen 17 Uhr gab die Fraktionsvorsitzende Renate Künast endlich den Beschluß bekannt: Ein erstes Meinungsbild habe ergeben, nicht weiterzumachen, aber in der Schlußabstimmung habe man sich doch wieder für die Fortsetzung entschieden. Sechs der 17 Fraktionsmitglieder waren dagegen, denn es gebe keine Basis mehr für gemeinsame rot-grüne Politik. „Es wird sich zeigen, ob die SPD in der Lage ist, auch praktisch Kompromisse herzustellen“, so Künast. Der nächste Streitpunkt wird das HMI sein. Es sei selbstverständlich, so Künast, daß nach Recht und Gesetz entschieden werde, aber die ausreichende Entsorgung sei ein unbestimmter Rechtsbegriff. „Wir erwarten von der SPD, daß Frau Schreyer ihr Ressort behält und daß sie das akzeptiert, was von ihr entschieden wird.“ Daß die Koalition nicht einfacher wird, machte Peter Lohauß vom GA der Partei deutlich: Die nächsten Streitpunkte seien der 2. Staatsvertrag und das HMI, und die AL werde beim Potsdamer Platz selbstverständlich bei ihrer Haltung bleiben. Die Prognose: „Es wird mit Sicherheit strapaziös“.

Kd