Ypsilon - Kein perfektes Frauenbild

■ Jenseits von 'Emma‘ und 'Für Dich‘ drängt eine neue Frauenzeitschrift auf den DDR-Markt Ab August auch in der BRD / Gestaltung will Gewohntes durchbrechen

Von Claudia Haas

„Man sieht ihr nicht an, daß sie aus dem Osten kommt, nach Westen sieht sie auch nicht aus - endlich mal was Neues!“ Das Neue ist außen blaß-blau und innen grell-lila, trägt den Namen Ypsilon und stellte sich in einer Badeanstalt vor: Die erste Ausgabe der Frauenzeitschrift Y wurde im trockengelegten Schwimmbecken des alten Stadtbades im Prenzlauer Berg gefeiert.

Von nun an mischt Y mit beim Kampf um die vorderen Plätze an den Kiosken der DDR, ab August wird sie auch in der BRD erscheinen.

Die vier Redakteurinnen und drei Gestalterinnen wollen monatlich 50 Frauenseiten füllen, die jenseits von Emma und Für Dich liegen. Nicht der „dogmatische Feminismus“ von Alice Schwarzer soll als Vorbild dienen, ebensowenig die „permanente Klagehaltung“ und der belehrende Ton der Für Dich.

Claudia Kleinschmidt, eine der Y-Redakteurinnen, will mit der Zeitschrift die Sprachlosigkeit der DDR-Frauen in der Zeit zwischen den Systemen überwinden, ihre Erfahrungen öffentlich machen und ein Gefühl für die eigene Stärke vermitteln. Denn: „Der Kapitalismus braucht starke Frauen.“

In der ersten Y stellen sich zwei Frauengruppen aus Weimar vor, eine Frau beschreibt ihre Erfahrungen mit „frauenärztlichen Männern“, eine andere porträtiert ihre Großmutter, ein feministisches Manifest wird breit diskutiert, die soziale Marktwirtschaft aus der Sicht der Frauen hinterfragt.

Das Konzept der Y-Frauen, ein Thema so vielseitig wie möglich zu beschreiben, soll im nächsten Heft deutlicher werden. Zum Thema „Alleinleben“ gibt es dort zwei Erfahrungsberichte, ein Gedicht und den Artikel einer Soziologin. Auch das Reizthema „Vergangenheitsbewältigung“ wird „von unten“ angegangen: Eine Frau beschreibt ihre allmähliche Verstrickung in die Stasi, eine andere ihren Widerstand dagegen. Im ersten Heft wird den Leserinnen viel Text geboten, leicht konsumierbar ist Y nicht.

Mehr noch als über die Inhalte wird über die Gestaltung diskutiert. Die drei Gestalterinnen wollen die Gewohnheitsbilder der Leserinnen brechen, unterlegen Texte mit Grafiken und Bildern, verstreuen immer wiederkehrende Details. Gestaltung und Inhalt sollen harmonieren, lyrische Texte anders als politische gestaltet werden. Ein Grundlayout gibt es nicht, ebenso wenig wie feste Rubriken.

Im August wird frau am Kiosk vergeblich nach dem eckigen gelben Y auf blauem Grund Ausschau halten. Im nächsten Heft dominieren runde Formen und die Farben orange und grün. „Vielleicht haben wir im Anfangseifer zu viel experimentiert“, resumiert die Gestalterin Daniela Haufe selbstkritisch.

Dennoch sind viele Leserinnen begeistert - im Gegensatz zum Basis Druckverlag, der Y bisher finanziert. Die Texte seien „vergewaltigt“ worden, das Titelbild, das Danielas Freundin Karin zeigt, ist der 37.Entwurf.

Jetzt finden viele Frauen, daß es zu schön sei. Also wird für die August-Ausgabe ein weniger perfektes Frauenbild ausgesucht, das Innenleben wird leiser - Kompromisse, mit denen die Y-Frauen noch leben können. Redakteurin Michaela Beck bleibt optimistisch: „Bis zum dritten Heft zeigen wir alles, was wir können.“ Die Konkurrenz der anderen fürchten sie nicht: Im nächsten Heft wird Emma inserieren.

Und warum der Name Y? Die Linien des Buchstabens finden sich im weiblichen Körper wieder, im Venushügel und dem Zusammentreffen der Schenkel.