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Untersuchungsausschuß a la CSU

■ Die Zustände in der JVA Straubing waren Gegenstand eines parlamentarischen Ausschusses in Bayern

Schon seit Jahren versuchte die Strafvollzugsbeauftragte der bayerischen Grünen, Käthe Lieder, immer wieder, auf die unhaltbaren Zustände in Bayerns größtem Knast, der JVA in Straubing, aufmerksam zu machen. Bereits 1986 wies sie auf die Beschwerden von Strafgefangenen über Zwangsbehandlung mit Neuroleptika hin. Anfragen der Grünen Landtagsfraktion bei der CSU-Staatsregierung wurden regelmäßig abgeblockt. Erst als im Oktober vergangenen Jahres 338 Straubinger Knackis eine Petition an den Landtag verfaßten und die Medien immer wieder über die Mißstände hinter Gittern berichteten, kam Bewegung in die Sache. Eine beispiellose Selbstmordserie Anfang dieses Jahres, vier Häftlinge nahmen sich im ominösen Haus III (siehe Beitrag) das Leben, ließ den Petitionsausschuß aufschrecken.

Die Parlamentarier wollten sich jetzt selbst vor Ort ein Bild von den Zuständen machen. Doch Bayerns „Eiserne Lady“, CSU-Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner, verweigerte den Abgeordneten den Zugang. Die tragischen Selbstmorde begründete sie mit der Wetterlage, die in diesen Tagen geherrscht habe. Das war nun selbst der bayerischen SPD zuviel. Mithilfe der Grünen setzten sie im Landtag Ende April einen Untersuchungsausschuß durch. Freilich hatte, wie bei allen Untersuchungsausschüssen im bayerischen Landtag, auch hier natürlich die CSU Mehrheit und Vorsitz und bestimmte damit den Kurs. Von vorneherein wurde der Untersuchungsauftrag auf die Anwendung des umstrittenen Neuroleptikas „Leponex“ eingeschränkt. Auch von seiten der Anstaltsleitung wurde die Arbeit des Ausschusses behindert. Plötzlich wurde der Großteil der Häftlinge, die in der Anstaltspsychiatrie mit Psychopharmaka behandelt worden waren, in andere Haftanstalten verlegt. Häftlinge, die sich über medikamentöse Zwangsbehandlung beschwert hatten, sind vom Anstaltsarzt Dr.Schwarz „überredet“ worden, dem Untersuchungsausschuß Einblick in ihre Krankenakten zu verweigern. Er legte ihnen ein vorformuliertes Papier vor, das sie unterschreiben mußten. Darüber hinaus mußten die Gefangenen befürchten, nach einer Zeugenaussage schikaniert zu werden.

Vor einer Woche wurde die Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuß von der CSU kurzerhand abgeschlossen. Vergebens versuchte noch die SPD mit Hilfe eines Dringlichkeitsantrag durchzusetzen, daß der Ausschuß vor Ort die Beschwerden der Häftlinge überprüfen kann. Die CSU -Mehrheit wischte auch diesen Antrag vom Tisch. Am kommenden Mittwoch werden nun die einzelnen Fraktionen, CSU, SPD und Grüne, dem Landtagsplenum jeweils einen eigenen Abschlußbericht vorlegen.

Luitgard Koch

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