Krisensituation in der Landwirtschaft der DDR

Berlin (dpa/taz) - Im Landwirtschaftsministerium der DDR herrscht Alarmstimmung, Landwirtschaftsminister Pollack mußte seinen Urlaub abbrechen. Demonstrationen und Proteste von Bauern nehmen kein Ende, beide deutschen Bauernverbände haben am Wochenende ein Notstandsprogramm zur sofortigen Verbesserung der Absatzsituation gefordert. Peter Kauffold, Staatssekretär im DDR-Wirtschaftsministerium, sprach vom „totalen Zusammenbruch des Binnenmarktes in der DDR“. Die Verbindung vom Erzeuger zum Verbraucher sei völlig unterbrochen.

Die vereinbarten Lieferkontingente für landwirtschaftliche Produkte zwischen der Bundesrepublik und der DDR hätten sich als nicht praktikabel erwiesen, so Kauffold. Die Lieferkontingente sollten dazu dienen, die Einfuhr westlicher Erzeugnisse zu begrenzen, um die Marktanpassung der DDR zu erleichtern und den Agrarmarkt der BRD vor zu großen Einfuhren aus der DDR zu schützen. Schon jetzt zeige sich, daß wesentlich mehr Nahrungsmittel aus der BRD in die DDR geliefert werden als umgekehrt. Wenn die Diskrepanz nicht so schnell wie möglich beseitigt werde, stehe der Kollaps der DDR-Landwirtschaft bevor. Selbst Liquiditätshilfen könnten das nicht verhindern. Bei den staatlichen Landwirtschaftsbetrieben ist schon die Lohnfortzahlung für Juli nicht mehr gewährleistet.

Gefordert wird jetzt die totale Liberalisierung des Handels für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Das Landwirtschaftsminsterium arbeitet an einer Ausweitung der Exporte nach Osteuropa. Die Vorsitzenden der Bauernverbände Constantin Heereman und Karl Dämmrich fordern, die Anpassungs- und Überbrückungshilfen für die DDR -Landwirtschaft unverzüglich freizugeben, Schweinefleisch, Milch, Getreide und Zuchtvieh sollten sofort exportiert werden. Soziale Hilfen für LPG-Mitglieder seien dringend notwendig.

Karin Mayer