Basis gegen Berufs-Genossen

■ SPD Steintor gegen Dauer-Polit-Profis: Acht Jahre Parlament und drei Ämter sind genug

Bremens Berufs-Politiker, zumindest so weit sie aus den herrschenden Kreisen der Bremer SPD stammen, müssen sich daran gewöhnen, ihr Geld gelegentlich auch wieder durch ehrliche Arbeit zu verdienen. Zumindest dem politischen Dauerdasein als Staatsgeschäfte-Teibende wollen die Basisgenossen in den SPD-Ortsvereinen Hastedt und Steintor langsam aber sicher ein Ende machen.

Einhellig haben sich die Steintorschen GenossInnen jetzt bei einer Mitgliederversammlung zu der Auffassung durchgerungen: Zwei Legislaturperioden müssen für einen SPD -Bürgerschaftsabgeordneten genug sein. Nur in absoluten Ausnahmefällen sollen besonders verdienten und unersetzlichen GenossInnen - mit Zwei-Drittel-Mehrheit der jeweiligen Partei-Unterbezirke - vier weitere Abgeordnetenjahre genehmigt werden.

Zumindest eine Ausrede ihrer RepräsentantInnen in der Bürgerschaft wollen die Steintorschen in Zukunft nicht mehr gelten lassen: „Ich bin zum Wohl von Volk und Partei jetzt schon so lange aus meinem Beruf raus, daß ich bestimmt überhaupt nicht mehr reinfinde“ - das zählt nicht mehr. Mit einer parteistatuarisch verankerten Pflicht zur beruflichen Weiterbildung während der Abgeordneten-Arbeit wollen die Genossen sich künftig vor DauerparlamentarierInnen aus Bequemlichkeit und - am Ende - Alternativlosigkeit schützen und Platz für parlamentarischen Nachwuchs aus den eigenen Reihen schaffen. Den Alt- und Ausgedienten wollen die Basisgenossen den Zwangsabschied vom Parlament immerhin mit einer „befristeten finanziellen Unterstützung zur Wiedereingliederung in das Wirtschaftsleben“ versüßen.

Eine zusäzliche Kur gegen Parteiverkrustung und Polit -Vergreisung haben sich die Steintorschen gegen Ämterhäufung in den eigenen Reihen ausgedacht. Probates Rezept: Drei Ämter im Dienste der Partei auf einmal müßten eigentlich reichen. Politische Multitalente, die auf allen Hochzeiten vom Ortsvereinsvorstand über die Beiratsfraktionen zum Landesparteitag und in der Bürgerschaft tanzen, sollen gefälligst kürzer treten und auch dem einfachen Basis -Genossen die Chance lassen, irgendwann mal zum Funktionär aufzusteigen.

Doppelt genau wollen die Steintorschen diese Regelung bei Senatoren und ihren Stellvertretern sowie bei Mitgliedern des Fraktionsvorstands nehmen: Zugunsten kritisch -solidarischer Distanz von Partei, Fraktion und Senat sollen sie in Zukunft auf hochrangige Parteiämter ganz verzichten müssen.

Daß der Kampf gegen die Versuchungen des Parteifilzes so alt ist wie der Filz selbst und bislang noch nie zu praktikablen Beschlüssen geführt hat, weiß auch der SPD -Ortsvereinsvorsitzende im Steintor, Reinhard Werner: „Wir haben nicht die Illusion, daß wir uns mit unserem Vorstoß schon bis zur Kandidatenkür für die nächste Bürgerschaftswahl durchsetzen werden,“ rechnet Werner mit langem Bohren dicker Bretter. „Aber, wenn wir jetzt die Diskussion eröffnen und gründlich in allen Ortsvereinen führen, könnten wir bis 1995 vielleicht eine Parteitags -Mehrheit finden, die eine praktische und praktikable Regelung verabschiedet.“

K.S.