Datenschützer gibt auf

■ Alfred Büllesbach, Datenbeauftragter in Bremen, hat von den SPD-Genossen im Senat die „Nase voll“

Von H. Bruns-Kösters

Bremen (taz) - Alfred Büllesbach, oberster Bremer Datenschützer will nicht mehr. Ab 1. September, so teilte er jetzt dem Bremer Senat mit, wird er die Leitung des Bereiches Datenschutz und Datensicherheit für die Daimler -Benz-Informationssysteme in Stuttgart übernehmen. Büllesbach verläßt Bremen im Zorn: „Datenschutz ist Machtkontrolle, und die haben die Mächtigen nicht gern.“ Diese Erfahrung hatte er während seiner siebenjährigen Tätigkeit oft genug zu spüren bekommen. Denn der Bremer Senat rühmt sich zwar gerne, ein bundesweit fortschrittliches Datenschutzgesetz auf die Beine gestellt zu haben, doch bei der täglichen Arbeit wurde Büllesbach immer wieder behindert. Seine Kritik blieb allzuoft ohne Konsequenzen.

So rügte er über Jahre nahezu folgenlos die Praktiken der Bremer Polizei. 106.000 BremerInnen wurden nach erkennungsdienstlicher Behandlung mit Lichtbild in der Polizeikartei gespeichert. Auch die Kritik, daß im „Apis„ -Computer des Bundeskriminalamtes die Daten von mehr als 1.000 BremerInnen ruhen, die beispielsweise bei einer Demonstration gegen Jugenarbeitslosigkeit „aufgefallen“ waren, reagierte der Innensenator nur schwerfällig.

Bisweilen konnte Büllesbach seine Kritik nicht einmal vortragen. So bat er mehrmals schriftlich um einen Gesprächstermin bei Bremens Finanzsenator Claus Grobecker, um über Datenschutzprobleme beim Finanzamt zu reden. Antwort: keine. Statt dessen, so berichtet Büllesbach, habe der Senator ihn bei zufälligen Treffen „angepöbelt“. Auch Bremens Bürgermeister Klaus Wedemeier war für Büllesbach unerreichbar. Trotz zahlreicher, auch öffentlicher Bitten um einen Gesprächstermin reagierte Wedemeier nicht.

Die Lust an der Arbeit verlor Büllesbach letzlich über eine Besoldungsfrage. Denn der Datenschutz ist dem Bremer Senat so wenig wert wie keiner anderen Landesregierung. Während beispielsweise der Hamburger Datenschützer nach B5 besoldet wird, bekam Büllesbach als Leiter einer weisungsungebundenen Behörde lediglich A16. Damit steht er in Bremen deutlich am Ende einer senatsgemachten Hierarchie. Büllesbach vermutet mehr dahinter: „Weil keine Chance bestand, mich mundtot zu machen, hat man versucht, mich durch die Frage der Besoldung klein zu kriegen. Man wollte einen kritischen Datenschutzbeauftragten zermürben. Irgendwann, so das Kalkül, muß der die Nase voll haben. Diese Wirkung ist eingetreten.“

Der Senat „bedauerte“ wortreich den Weggang Büllesbachs. Die Stelle für den Nachfolger soll drei Gehaltsstufen höher ausgeschrieben werden.