Vollmer: Terrorismus ist vorbei

■ Die Fraktionssprecherin der Grünen, Antje Vollmer, stellte ein Zehn-Thesen-Papier zum Ende des Terrorismus vor / Rücknahme sämtlicher Sondergesetze und der Kronzeugenregelung gefordert

Berlin (taz) - Die Zeit des „Terrorismus als einer politisch motivierten mörderischen Kriminalität von illegalen Gruppen ist vorbei“. Das erklärte gestern in Bonn Antje Vollmer, Bundestagsabgeordnete und Fraktionssprecherin der Grünen. Übrig bleibe die gewöhnliche Gewaltkriminalität, die auch ohne Sondergesetze verfolgt werden könne.

In einem Zehn-Punkte-Papier unter dem Titel Konsequenzen aus dem Ende des Terrorismus, urteilte die Grünen -Politikerin, die „Rote Armee Fraktion“ und die „Bewegung 2. Juni“ hätten weniger „wegen ihrer Gewaltstrategien und Morde“ gesellschaftliche Beachtung gefunden, als vielmehr durch die „staatlichen Gegenstrategien: die Terroristengesetze, die isolierenden Haftbedingungen und die Einschränkung der Verteidigerrechte“. Der Mythos RAF sei erst in den Haftanstalten entstanden. Die „völlige gesellschaftliche Isolierung des Terrorismus“ sei spätestens mit dem weltweiten Aufkommen der Friedens-, der Demokratie und der Ökologiebewegung „entschieden“ gewesen.

Als politische Konsequenzen forderte die grüne Fraktionssprecherin nun die Rücknahme sämtlicher Sondergesetze, die im Rahmen der RAF-Fahndung in den letzten Jahren erlassen wurden: Etwa den Paragrapen 129a (terroristische Vereinigung), das Kontaktsperregesetz und die Sonderhaftbedingungen für RAF-Gefangene. Entschieden wandte sie sich auch gegen die im letzten Jahr verabschiedete Kronzeugenregelung. Sie sei nicht nur rechtsstaatlich höchst problematisch: Am Beispiel Italiens zeige sich auch, daß „sie in ihrer Wirkung nicht zur Auflösung der Gruppe, sondern zu einer neuen Gruppensolidarität“ führe.

Mit Blick auf die acht in der DDR verhafteten früheren RAF -Mitglieder erklärte Vollmer weiter, die Sicherheitsdienste und die Justizminister hätten „spätestens seit 1985“ gewußt, daß es „in erheblichem Umfang aussteigewillige Gruppenmitglieder gab, ob sie sich nun in der DDR oder anderswo aufhielten“. Von den Behörden sei damals versäumt worden, über Angebote zum Ausstieg aus der Illegalität intensiv nachzudenken. Faktisch sei die DDR von den Bundesbehörden als Aussteigerland akzeptiert worden. Im Ergebnis sei dort eine „gesellschaftliche Befriedung“ umgesetzt worden, die in der Bundesrepublik politisch verhindert wurde.

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