Tony Williams mit Gruppe heute in der Schauburg

■ Champion auf allen Trommeln

„Motherfucker“ ist das größte Kompliment , das Miles Davis in seiner Autobiographie zu vergeben hat, und Tony Williams wird dieser Ehrentitel gleich mehrfach verliehen: „Es gab vor und nach ihm keinen, der an ihn rankam“ und „Tony spielt vor dem Beat, nur einen Tick davor, und das verleiht allem ein bißchen Schärfe; er spielt polyrhythmisch.“ Als Tony Williams 1962 bei Davis anfing, war er etwa so alt, wie die Musiker in seiner heutigen Band. Wie Art Blakey es schon seit Jahrzehnten macht, hat Williams seine Band zur Talentschmiede gemacht, in der junge Musiker sich bewähren müssen, und das kann kein Zuckerschlecken sein, wenn man Davis glauben schenken will: „Wer mit T. W. spielte , mußte wirklich aufpassen, und zwar genau, sonst war er draußen und sofort verloren.“ - „Tony mochte es, wenn Musiker Fehler machten, wenn sie zum Beispiel in der falschen Tonart spielten.“ Es wird also auf jeden Fall spannend werden in der Schauburg. Vor zwei Jahren spielte Williams dort einen lupenreinen Neo-Bebop. Auf der rechten Hälfte der Bühne stand nur sein Schlagzeug, links drängten sich Pianist, Bassist und zwei Bläser, und man hatte das Gefühl, die fünf mußten sich mit aller Macht gegen den Koloß stämmen, um nicht von der schieren Kraft seines Spiels von der Bühne gedrängt zu werden.

Willy Taub