Unterm Strich

Ingmar Bergmann hat am Montag mit den Dreharbeiten zu einem neuen Film begonnen. Er will das Leben seiner Eltern Anna und Henrik vom Moment ihrer ersten Begegnung über zehn Jahre hinweg nachzeichnen. Bergmann, der das Drehbuch für „Den Gode Viljan“ (Der gute Willen) selbst schrieb, betraute den dänischen Regisseur Bille August mit der Umsetzung des Stoffes. Neben Max von Sydow, der Bergmanns Großvater mütterlicherseits spielt, konnten für den auf rund 20 Millionen DM Kosten geschätzten Film auch der Schauspieler Samuel Froeler vom Theater Stockholm gewonnen werden, der den Part des Vaters Henrik Bergmann übernimmt. Bergmanns Mutter Anna wird von Pernilla Oestertgren dargestellt, die am dramatischen Theater „Dramaten“ in Stockholm engagiert ist. Das fertige

Werk soll als Vierteiler von insgesamt 360 Minuten Länge voraussichtlich um Weihnachten 1991 herum im schwedischen Fernsehen gezeigt werden, bevor es als Zweieinhalb-Stunden -Zusammenschnitt in die Kinos kommt.

Rund 130 Millionen Mark kostete die alte DEFA-Traumfabrik Babelsberg jährlich. Davon wurden der jetzt als DEFA-Studio Babelsberg firmierenden GmbH allein 35 Millionen Mark für eigene Produktionen zur Verfügung gestellt. Der Rest waren Fixkosten für Lektorat, Bibliothek und den Mitarbeiter -Service für die 2.300 Angestellten. Das Wirtschaftlichkeitsrezept, das jetzt zusammengestellt wurde: „Profit Center“ und „Entflechtung“. Der Standort „DEFA“ und sein 43 Hektar großes Grundstück stehen dabei auf der Aktivliste. Zunächst jedoch müssen, so Herstellungsleiter Gerrit

List, schätzungsweise 1.200 Mitarbeiter ihre Entlassungsbriefe erhalten. Unter ihnen das 150köpfige künstlerische Personal sowie rund 800 „künstlerisch -technische Filmfachleute“. Es bleibt allerdings die Aussicht, „auftragsweise“ oder „zeitlich befristet“ wieder angeheuert zu werden, vor allem für „ausländische Produktionen“. Schon jetzt, so List, hätten einige amerikanische Produzenten für die historische Stätte eine Schwäche entwickelt. Doch die DEFA selbst wird dabei in Zukunft nur eine Nebenrolle spielen. Sie soll eine „Holding“ werden, profitable Töchter - so zum Beispiel die leistungsfähige Tischlerei - hundertprozentig an sich binden. Andere Unternehmensbereiche, wie zum Beispiel der mit rund einer Million Requisiten ausgestattete Fundus, sollen Kooperationen eingehen. Eine weitere Tochter soll die wertvolle

Immobilie in der Größe der Vatikanstadt vermieten und zu einem „Medienzentrum Berlin-Babelsberg“ aufbauen. Eine Vielzahl von filmverwandten Betrieben, wie ein modernes tricktechnisches Labor, ein Hochleistungs-Musterkopierwerk und moderne Synchronisationsstudios sollen hier ihren Platz finden. Bis zur möglichen Umsetzung des Konzepts ist jedoch Katzenjammer angesagt. Zwar stellt die DEFA jetzt westlichen Produzenten ihre Dienstleistungen und Studios zur Verfügung. Die eigenen Filme jedoch, deren Finanzierung noch bis zum nächsten Frühjahr von der DDR-Regierung gesichert wurden, beschäftigen sich überwiegend mit der Bewältigung der DDR -Vergangenheit. Chef-Lektor Wolfgang Predel befürchtet, daß die geplanten sechs Filme in den heimischen Kinos nicht gerade zu Kassenrennern werden.