Der Unterweltkönig haßt die Deutschen

■ Der Frankfurter Bordellkönig H. B. wollte mit seinen kriminellen Aktivitäten angeblich die Deutschen für den Völkermord an den Juden bestrafen / Nach seiner Flucht sitzt er in Tel Aviv in Auslieferungshaft / Sein Anwalt sagt, er ist haftunfähig

Frankfurt (taz/dpa) – Der als Frankfurter Bordellkönig bekanntgewordene staatenlose H. B.(*), der zur Zeit in Tel Aviv in Untersuchungshaft sitzt, hat über Freunde und Verwandte in Israel erklären lassen, daß er sich mit der Einrichtung von Nachtklubs, Spielhöllen und „Erosbetrieben“ in der Mainmetropole an den Deutschen für den Holocaust am jüdischen Volk habe rächen wollen.

So soll B. nach Angaben von 'dpa‘ in seiner Villa in Frankfurt immer dann die Sektkorken knallen lassen haben, wenn im berüchtigten Bahnhofsviertel ein Deutscher getötet worden sei. „Er haßte die Deutschen“, meinte ein Freund B.s im Gespräch mit einer israelischen Tageszeitung.

Dem 46jährigen B., der mit internationalem Haftbefehl gesucht worden war und den die israelische Polizei am vergangenen Freitag in Tel Aviv festgenommen hatte, wirft die Staatsanwaltschaft „aktive Bestechung“ und die „Gründung einer kriminellen Vereinigung“ in Frankfurt vor. Darüber hinaus soll H. B. – zusammen mit seinem Bruder C.

-illegal Glücksspiele organisiert haben und in dubiose Grundstücksgeschäfte verwickelt sein. Die B.s verfügten insbesondere in der Ära Wallmann (CDU) über ausgezeichnete Kontakte zum Magistrat der Stadt und zu diversen kommunalen Ämtern.

Die Frankfurter Kriminalpolizei, die seit Mitte 1989 im Auftrag der Staatsanwaltschaft Material gegen die B.s sammelte, sprach von einer kriminellen Unterwanderung vor allem des für die Konzessionsvergabe zuständigen Ordnungsamtes der Stadt.

Im November 1989 durchsuchte die Kriminalpolizei im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die B.s zahlreiche Spielkasinos, Büros, Häuser und Wohnungen und nahm mehr als einhundert Tatverdächtige fest. Als „Zufallsaufgriff“ wurde damals auch H. B. in U-Haft genommen. Der Bordellkönig nutzte jedoch im April dieses Jahres einen Krankenhausaufenthalt zur Flucht. Über die Schweiz setzte sich B. in den Nahen Osten nach Israel ab.

Dort liegt jetzt ein Auslieferungsbegehren gegen B. vor. Ende des Monats wollen die israelischen Behörden entscheiden, ob sie das „Opfer eines politischen Kreuzzuges“ (B. über B.) an die Bundesrepublik ausliefern oder nicht.

Sein Anwalt jedenfalls hat gegenüber dem israelischen Bezirksstaatsanwalt erklärt, daß alle Anschuldigungen gegen seinen Mandanten sowie die Verhaftung in Tel Aviv jeder rechtlichen Grundlage entbehrten. Ohnehin verbiete der Gesundheitszustand B. eine weitere Inhaftierung. Schon bei seiner Festnahme in einem Luxusappartement in der israelischen Hauptstadt sei B. blaß und deprimiert gewesen und habe sich widerstandslos festnehmen lassen, meinte sein Rechtsanwalt. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ist zur Zeit dabei, ihr Auslieferungsbegehren mit richterlich beglaubigten Unterlagen zu untermauern.

Klaus-Peter Klingelschmitt

(*) Name ist der Redaktion bekannt