Lothar Späth „hat nichts zu verbergen“

■ Späth geht in die Offensive: die neu aufgetauchten CDU-Protokolle enthielten keine Anhaltspunkte gegen ihn

Aus Stuttgart Erwin Single

Der im baden-württembergischen Parteispendenskandal arg in Bedrängnis geratene Ministerpräsident hat anscheinend „nichts zu verbergen“: Gestern präsentierte ein selbstbewußter Lothar Späth einige jener Sitzungsprotokolle des Stuttgarter CDU-Präsidiums, die ihn möglicherweise schwer belasten sollten. Nach der Durchsicht der Akten könne er davon ausgehen, daß es „überhaupt keine Anhaltspunkte“ für die gegen ihn gerichteten Vorwürfe gebe. Die Verteidiger des wegen Steuerhinterziehung bei Parteispenden angeklagten Ex-Bosch-Chefs Hans Merkle hatten gestern vor dem Stuttgarter Landgericht erklärt, aus den Schriftstücken gehe hervor, daß die CDU-Vorständler bei ihren Sitzungen „ständig und im Detail“ über die Parteienfinanzierung und die gängige Spendenpraxis berieten.

Nach dem gestrigen Überraschungscoup der Merkle -Verteidigung, die dem Gericht gleich 33 bislang nie aufgetauchte Protokolle aus CDU-Präsidiumssitzungen übergaben, wartete die Landes-CDU selbst mit den Papieren aus den frühen 70er Jahren auf. Sie waren in der Zentrale der Konrad-Adenauer-Stiftung aufgefunden worden. Die CDU ließ wissen, sie stelle die Protokolle zur Verfügung. Späth bekräftigte noch einmal seine Aussage, wonach er bis 1979 keine Kenntnis von der illegalen Finanzierung über die als Berufsverbände getarnten Spendenwaschanlagen gehabt haben will.

Die Merkle-Verteidigung hatte besonders auf eine Sondersitzung im Frühjahr 1973 hingewiesen, auf der sich das CDU-Präsidium mit der von Schatzmeister Neuhaus entwickelten Neuverteilung der Finanzen beschäftigte, nachdem es zwischen Bezirksverbänden und Landesverband zu Streitigkeiten über die „Verteilung der Beute“ (Merkle-Verteidiger Wahle) gekommen war. In dem Protokoll werden die Mittel der als Spendenwaschanlage geltenden „Fördergesellschaft“ nach Verteilerschlüssel aufgelistet. Späth erklärte zu dem Protokoll, es lasse keinerlei Hinweise auf die Umwegfinanzierung zu. Auch die Tatsache, daß ein Großteil der CDU-Einnahmen aus dieser Fördergesellschaft stammten, ließ Späth nicht stutzen; schließlich habe er die Spenden für legal gehalten und keine Zweifel gehabt, daß die FG über hohe Einnahmen verfügte. Auch in den anderen Protokollen will Späth nichts verfängliches entdeckt haben. Der „Wirtschaftsverband“, der in der CDU-Zentrale residierte und in einem Protokoll vom Juni 1972 als „Kostenträger“ für die Finanzierung eines CDU-Werbestandes auftaucht, hat ihn nach eigener Aussage nie wirklich interessiert. Wohl auch seinen Amtsvorgänger Filbinger nicht, der den Verband gar nicht gekannt haben will. Daß er davon gewußt haben muß, scheint zumindest dieses Schriftstück zu belegen.