Zwangsabschiebung verhindert

■ Kurden drohen in der Türkei Menschenrechtsverletzungen / Deshalb stellt sich der Nürnberger Stadtrat gegen einen Beschluß des bayerischen Innenministeriums

Nürnberg (taz) - Mit der Stimmenmehrheit von SPD und Grünen hat jetzt der Nürnberger Stadtrat beschlossen, eine geplante Abschiebung von Kurden in die Türkei zu verhindern. SPD -Oberbürgermeister Schönlein wird das Ausländeramt der Stadt entsprechend anweisen. Diese Regelung soll solange gelten, bis gewährleistet ist, daß die Menschenrechte der Kurden in der Türkei gewahrt sind. Als grundsätzliche Richtlinie für den Vollzug des Ausländergesetzes beschloß der Stadtrat, daß niemand einem Staat überantwortet werden darf, „wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, daß der betroffene Mensch der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt wird“. Die CSU -Fraktion hatte zusammen mit dem SPD-Rechtsreferenten der Stadt Nürnberg, Richard Sauber, die Zuständigkeit der Stadt in diesen Punkten verneint. Doch der Stadtrat will den Handlungsspielraum der Stadt voll ausschöpfen und notfalls eine Klage der Regierung von Mittelfranken als zuständiger Rechtsaufsicht für die Stadt riskieren. Die Grünen sind der Ansicht, daß es zum „pflichtgemäßen Ermessen“ des Oberbürgermeisters gehört, Einzelfälle zu prüfen und nicht alles nachzuvollziehen, was das Innenministerium in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt vorgibt.

Auch im Fall des von der Zwangsabschiebung bedrohten 26jährigen Aurun Kumar Saha aus Bangladesch schlossen sich die Sozialdemokraten einem Dringlichkeitsantrag der Grünen an. Hier soll der Oberbürgermeister von einer Abschiebung des Flüchtlings absehen, der nach Ablehnung seiner Asylanträge seit über einem halben Jahr von Mitgliedern der evangelischen Kirchengemeinde St.Jobst in Nürnberg vor dem Zugriff der Polizei versteckt wird. Saha steht bereits auf der Fahndungsliste der Polizei; Mitte vergangener Woche wurde eine zweite Petition gegen die Abschiebung im Landtag abgelehnt.

In seiner Heimat drohen ihm Folter und die Todesstrafe. Seit Jahren werden Hindus, zu denen auch Saha gehört, in Bangladesch als religiöse Minderheit verfolgt. Zudem ist Saha Mitglied der oppositionellen Baksal-Partei. Nachdem versucht worden war, ihm einen Mord anzulasten, floh er im Januar 1986 in die Bundesrepublik. Seine bisherigen Asylanträge waren als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt worden.

bs