Frauenferien in Berlin

■ Frauenforschungs-, Bildungs- und Informationszentrum (FFBIZ) bietet Urlaub besonderer Art an

West-Berlin. Keine Lust, die ganze Zeit am Strand zu liegen? Das Berliner Frauenforschungs-, Bildungs- und Informationszentrum (FFBIZ) bietet dagegen eine Alternative. Elf Frauen aus England, Frankreich, Spanien, Deutschland, den Niederlanden und den USA entschieden sich statt für einen Badeurlaub für ein Workcamp bei diesem Berliner Frauenprojekt. Gearbeitet werden sechs Stunden, für freie Verpflegung und Unterkunft.

„Die Arbeit ist für uns natürlich eine große Hilfe“, sagt Annette Dominik, eine Mitarbeiterin am FFBIZ, „die Frauen haben ein neues Regal an die Wand gebaut, Bücher sortiert und eingebunden, machen Übersetzungen und Öffentlichkeitsarbeit.“ In den vergangenen zwölf Jahren wurde eine umfangreiche Literatursammlung zur neuen Frauenbewegung erstellt. Die Teilnehmerinnen sind zwischen 16 und 25 Jahre alt.

Zwischendurch konnten sich die Teilnehmerinnen vor Ort informieren: Ein Besuch bei der Charlottenburger Frauenbeauftragten Kippe, aber auch bei der Fraueninfothek wurde organisiert. „Wir wollen Frauen informieren, was so in der autonomen Frauenbewegung läuft“, sagt Annette Dominik.

Die Motivation der Teilnehmerinnen ist allerdings sehr unterschiedlich: „Ich wollte Frauen treffen, die sich mit feministischen Ideen beschäftigen“ - Julia aus Bremen hat sich radikale und politische Inhal te beim Frauenworkcamp versprochen. Daß ein Großteil der Frauen aus anderen Gründen zum Workcamp kam, hat sie enttäuscht. „Ich wollte meine Ferien anders verbringen als am Strand“, sagt Bregye aus Holland. Die Spanierin Silvia hatte keine Vorstellungen von Westberliner Frauenprojekten, als sie sich angemeldet hat. „In Spanien lehnen wir Feminismus und die Frauenbewegung ab, weil wir denken, es ist etwas Radikales.“ Kadett aus Holland interessiert sich für die Geschichte der Berliner Frauenbewegung.

Das Frauenworkcamp wird von den IJGD (Internationale Jugendgemeinschaftsdienste) finanziert. „Eines unserer Prinzipien ist es, für Leute zu arbeiten, die sich keine Arbeitskräfte leisten können“, sagt Erika Moritz von den IJGD in Bonn. Indirekte Förderung von Frauenprojekten? Das auch. Weil bei den IJGD alle höheren Positionen von Männern besetzt waren, haben sich vor Jahren die Frauen zusammengetan. Es wurden Frauenseminare abgehalten, Frauenworkcamps eingerichtet. „Bei allen unseren Camps wird Gleichberechtigung vorausgesetzt, aber da gibt es immer wieder Probleme.“ Teilnehmer aus verschiedenen Kulturen bringen ganz unterschiedliche Vorstellungen von der Frauenrolle mit. „Deshalb wollten wir Frauen die Chance geben, mal unter sich zu arbeiten.“ Zum Beispiel beim Regalbau. „Wo anders hätten das sicher Männer gemacht“, sagt Kadett.

Das Ergebnis von drei Wochen Frauenworkcamp? Kadett hat einen Selbstverteidigungskurs für die Teilnehmerinnen organisiert, Jurastudentin Silvia interessiert sich für eine Frauenanwaltspraxis und will dort einen Besuch machen. Bregye wundert sich über die rückständige Diskussion über Abtreibung, die in der Bundesrepublik geführt wird - und das FFBIZ hat ein neues Regal.

Karin Mayer