Der einbeinige Boxer

■ Craig Bodzianowski und sein erfüllter Traum

Seattle (dpa) - Craig Bodzianowski lächelte gequält; die 6.000 Zuschauer im Kingdome von Seattle feierten ihn begeistert, obwohl er gerade den Weltmeisterschafts-Boxkampf im Halbschwergewicht gegen WBA-Titelverteidiger Robert Daniels (USA) nach zwölf Runden eindeutig nach Punkten verloren hatte.

Dann humpelte „der einbeinige Boxer“, wie er sich selbst nennt, in die Kabine. Nach einem schweren Motorradunfall im Mai 1984 hatte ihm das rechte Bein 15 Zentimeter unterhalb des Knies amputiert werden müssen.

Zwei Jahre lang war er zu diesem Zeitpunkt schon Profi, kaum mehr als Durchschnitt zwar, aber getrieben von dem Wunsch, einmal in einem WM-Kampf zu stehen. Als Neunter der Weltrangliste war er nun von Daniels als Herausforderer akzeptiert worden. „Ich wollte einen WM-Kampf und diesen Traum habe ich mir erfüllt“, sagte der 29jährige stolz, „aber heute war mein Gegner einfach besser. Es war hart“.

Beide Kämpfer kassierten für die äußerst mäßige Vorstellung je 15.000 Dollar. Bodzianowskis rechter Oberschenkel war stark zurückgebildet, über dem Knie trug er eine orangene Latexbandage, die die Stöße absorbieren sollte. Unzählige Prothesen hat er im Training schon zerbrochen, weil er unbedingt auch mit dem rechten Bein Schläge abfangen wollte. „Ich weiß nicht, ob ich das alles morbid nennen soll“, meint sein Freund Jiji Johnston, der einen Film über die unglaubliche Geschichte drehen will, „aber es ist eine Horrorstory mit einem Happy-End.“

Sven Busch