Tanzfläche mit ÖPNV-Anschluß

■ Bremen startet bundesweit einmaligen Modellversuch: Disko-Busse gegen Verkehrstote

Die Unfälle finden immer wieder statt: Nachts von der Disco -Tanzfläche angetrunken hinters Steuer, mit Vollgas vom Parkplatz auf die Straße und gegen den nächsten Baum. Situationen, die die Polizei bisher noch nicht in den Griff bekommen hat. Eine Lösung zeichnet sich nun von ganz anderer Seite ab.

Mit dem „night-train“ oder der „hot-line“ können ab Herbst Jugendliche von ihren Discos im Landkreis Osterholz nach Hause fahren. Der buntbemalte Bus soll den Nachtschwärmern die Heimfahrt so angenehm wie möglich machen: In die Planung für die Innenausstattung der Busse werden sogar Cola -Automaten und Hifi-Anlagen einbezogen.

Die Verkehrsgemeinschaft Bremen-Niedersachsen (VBN) als Betreiber der Discobusse will die Fahrzeuge erst einmal auf einer Teststrecke einsetzen. Jeden Freitag und Samstag sollen die Discobusse stündlich zwischen 21 und 3 Uhr nachts aus der Bremer Innenstadt und dem Stadtnorden in den Landkreis Osterholz fahren, um dort die Diskotheken Arena, Zirkus, Red Ballon, Starship, Stugge und Pam Pam mit Tanzwütigen zu ver-und entsorgen. Wegen der stündlichen An -und Abfahrten ist der Modellversuch der Verkehrsgemeinschaft bundesweit einmalig.

Das Testgebiet bietet für einen

Modellversuch ideale Voraussetzungen. Die schon bestehende Disco-Linie - sie versorgt die Discos ein bis zweimal am Abend - soll in den Versuch integriert werden. Reiner Strenge, Geschäftsführer der Verkehrsgemeinschaft: „Die haben schon Erfahrung, von denen können wir was lernen“.

Lernen muß die Verkehrsgemeinschaft eine ganze Menge.

Für die nächsten sechs Monate hat die Verkehrsgemeinschaft erst einmal einen Jugendlichen angeheuert, um die Szene auszuspionieren und eine groß angelegte Befragung vorzubereiten. Reiner Strenge möchte alle großen Bremer Schulen und auch einige aus der Umgebung dabeihaben: „Die Sache soll ein Thema werden.“

Mit einer Fragebogenaktion während des Unterichts nach den

Sommerferien will sich die Verkehrsgemeinschaft Klarheit über die Disco-Gewohnheiten der veschaffen.

Keine Probleme? „Wenn nur das Geld nicht wäre“, sagt Reiner Strenge. Eine Viertel-Million jährlich, rechnet er. Zahlen sollen die Jugendlichen, der Landkreis Osterholz, Bremen und vielleicht auch die Disco-Betreiber. Damit die Busse auch ausgelastet

werden, will die Verkehrsge meinschaft kräftig die Werbetrommel rühren. Der Geschäftsführer: „Die Jugendlichen sollen sich mit ihrem Bus identifizieren.“ Preisspiele und monatliche Gags sollen die Bus-Kunden-Bindung verstärken. Auch Zeitungsanzeigen will Reiner Strenge schalten: „Suche Beifahrerin für den night -train“ oder „Suche den Blonden, der mich in der hot-line angesehen hat.“

Erfahrung mit Disco-Bussen hat auch schon Bremerhaven gemacht. Nach Angaben der Bremerhavener Verkehrs-und Versorgungsbetriebe ist die „Disco-line No.1“ dort voll ausgelastet. Freitags und Samstags fährt der „poppig“ bemalte und mit Mond und Sternen beklebte Bus zu den Discotheken. In den Discos wird die Abfahrt des Busses durch die Lautsprecher bekanntgegeben.

Ob das Projekt auch in Bremen und umzu so gut ankommt, wird sich zeigen müssen. Reiner Strenge jedenfalls freut sich auf die „Supergeschichte“: „Wenn's los geht, dann fahr ich mit.“

Aber ganz ohne Probleme wird der Service wohl nicht laufen. Der Geschäftsführer kennt die Klagen, die er von anderen Kunden zu erwarten hat: „Sag mal spinnt ihr? Da macht ihr nachts so ein Super-Service und tagsüber laßt ihr uns an der Straße stehen“.

Thomas Heuzeroth