„Was hätte ich damals anderes sagen sollen?“

■ Startbahnkämpfer Schubart nach dem Karlsruher Richterspruch zehn Jahre nach seiner Verurteilung

INTERVIEW

taz: Mit dem Urteil von Karlsruhe hat Sie die Startbahngeschichte wieder eingeholt. Wie fühlt man sich, wenn man nach fast zehn Jahren wieder in die Schlagzeilen gerät?

Alexander Schubart: Das Gefühlt ist geteilt, so wie der Richterspruch von Karlsruhe ein geteilter Spruch ist. Es sind ja praktisch zwei Entscheidungen ergangen: Vier Richter befürworteten meine Beschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil - vier lehnten sie ab. Bedauerlicherweise ist es nur so, daß die mir nachteilige Entscheidung letztendlich gültig ist.

Wie geht es mit dem Dekadenfall „Aschu“ nun weiter?

Es muß jetzt eine Wiederholungsverhandlung vor dem Frankfurter Oberlandesgericht stattfinden. Ich bin jetzt rechtskräftig wegen Landfriedensbruch und einfacher Nötigung verurteilt, doch die Strafe von zwei Jahren auf Bewährung ist aufgehoben worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt muß nun das Strafmaß neu festsetzen.

Ihr Anwalt, Rupert von Plottnitz, drängt auf die Einstellung des Verfahrens...

Das ist genau ein Weg, um in der Sache weiter zu kommen. Es ist ja so, daß erhebliche Zweifel daran bestehen, ob mein Redebeitrag nach der Massendemonstration in Wiesbaden 1981 durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung abgedeckt ist oder nicht. Zumindest vier von acht Verfassungsrichter haben meine Position geteilt. Das wird sich - hoffentlich auf die Wiederholungsverhandlung ganz stark auswirken. Ich rechne mit einer Strafe weit unter einem Jahr, eventuell sogar nur mit einer Geldstrafe.

Wie beurteilen Sie selbst heute Ihre Rede? Stehen Sie noch zu dem, was Sie damals vor 100.000 Startbahngegnern vorgetragen haben?

Wir standen in einer entscheidenden Phase im Kampf gegen den Bau der Startbahn. Wir hatten großen Erfolg mit unserem Volksbegehren. Man mußte etwas wagen, um den Konflikt, der ja auf Messers Schneide stand, doch noch zu unseren Gunsten zu entscheiden. Vielleicht würde ich meine Worte - im nachhinein ist man natürlich klüger - heute noch sorgfältiger wählen. Aber ich habe auch damals deutlich zur Gewaltfreiheit aufgerufen. Deshalb frage ich mich schon, was ich eigentlich hätte anderes sagen sollen, um einen Richter zu befriedigen.

Interview: Klaus-Peter

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