Bayernwerke drohen mit Aus

■ Volkskammer verlangt Beteiligung weiterer BRD-Stromunternehmen am Vertrag / Elektrizitätsversorgungs- unternehmen quält die drohende Übernahme der regionalen Netze durch Kommunen und Landkreise

Berlin (taz) - Die bundesdeutschen Energieriesen RWE, PreussenElektra und Bayernwerke sind hochgradig sauer über „gravierende Hindernisse“ bei der geplanten Übernahme der DDR-Energiewirtschaft. Doch es ist nicht etwa die immer noch bevorstehende Entscheidung der Ostberliner Volkskammer über die Beteiligung weiterer Stromunternehmen aus der Bundesrepublik an dem Handel, die beispielsweise Bayernwerke -Chef Jochen Holzer auf die Palme bringt. Vielmehr erregen sich die westdeutschen Konzernherren über das sogenannte Kommunalvermögensgesetz (KVG), das das DDR-Parlament vor zwei Wochen ohne breitere öffentliche Anteilnahme passierte.

Das Gesetzeswerk regelt die kostenlose Übergabe der bisher volkseigenen kommunalen Einrichtungen und Dienstleistungsbetriebe an Gemeinden, Städte und Landkreise. Stein des Anstoßes ist eine Passage in Paragraph 6, in dem „Betriebe und Anlagen zur Versorgung mit Energie und Wasser, wie örtliche Elektrizitäts- und Heizwerke, Gas- und Wasserwerke sowie gemeindliche Übertragungsnetze“ ausdrücklich unter die Anlagen eingeordnet werden, die die Gebietskörperschaften übernehmen können, wenn sie nur wollen.

Dazu müssen die Bürgermeister und Landräte ihre Ansprüche lediglich „innerhalb von zwei Monaten“ beim Präsidenten der zentralen Treuhandanstalt oder dem zuständigen Minister anmelden.

Mit dieser Regelung, erklärte jetzt Bayernwerke-Chef Holzer, drohe dem mit DDR-Umweltminister Karl-Hermann Steinberg (CDU) ausgehandelten Vertrag das vorzeitige Aus.

Der Ostberliner Regierung sei damit nämlich die Verfügungsgewalt nicht nur über die regionalen Heiz- und Kraftwerke entzogen, sondern auch die über die regionalen Stromverteilungsnetze. Damit, so Steinberg, ergebe sich ein gewaltiges Investitionshemmnis.

Die bundesdeutschen Stromverbundunternehmen fürchten offenbar, daß viele Gemeinden die Gelegenheit ergreifen, eigene Stadtwerke aufzubauen und sich Strom und Wärme selbst erzeugen könnten - so wie es kritische Energiewissenschaftler in der Bundesrepublik und neuerdings auch in der DDR beharrlich fordern. Dann bliebe den „Großen“ nur noch der Rest: Ein überregionales Netz für Spitzenlast und Notfälle.

Der Vertrag könne nicht verwirklicht werden, erklärte Holzer gegenüber der Nachrichtenagentur 'dpa‘, wenn das Gesetz in dieser Form bestehen bleibe. Der Termin für seine Wortmeldung war mit Bedacht gewählt: Heute wird Umweltminister Steinberg der Münchner Bayernwerk-Zentrale einen Besuch abstatten. Das Thema werde zur Sprache kommen, drohte Holzer.

Gerd Rosenkranz