Mieten in der DDR vor dem großen Sprung

■ Mieterverein warnt vor Verzehnfachung der Mieten / Wohngeldbedarf sechsmal höher als im Westen

Ost-Berlin. In ungeahnte Höhen werden die Mieten in der DDR schnellen: Der durchschnittliche Ostberliner wird womöglich schon Anfang nächsten Jahres knapp 300 Mark für seine Zweiraumwohnung auf den Tisch legen dürfen, wenn die Bestimmungen des noch unveröffentlichten zweiten Staatsvertrages Wirklichkeit werden. Das entspricht einer Miete von 4,90 DM pro Quadratmeter. Bei einigen Wohnungen werden sich die Preise gar verzehnfachen. Dies erklärten die West- und Ostberliner Mietervereine gestern vor der Presse.

Die Subventionen für Wohngeld werden ebenfalls explodieren. Rund 820 Millionen Mark Wohngeld jährlich werden dann allein für Ost-Berlin gezahlt werden müssen, das ist mehr als sechsmal soviel wie jetzt in West-Berlin. „Dabei wird mit Wohngeld keine einzige Wohnung neu gebaut oder renoviert“, sagt Vereinsmitarbeiter Armin Hentschel.

Im einzelnen soll es eine Mietpreisbindungen nur noch für Wohnungen geben, die im Eigentum der Stadt oder von Genossenschaften sind. Bei den Neubauten, etwa in Marzahn oder Hohenschönhausen, soll sich die Miete nach vergleichbaren Beständen in westlichen Bundesländern richten. Das sind im Schnitt 7,50 DM pro Quadratmeter mit Betriebskosten, in West-Berlin etwas mehr. Die Altbaumieten sollen ebenfalls preisgebunden bleiben, jedoch werden künftig Modernisierungen, aber auch Instandsetzung mit elf Prozent auf die Jahresmiete umgelegt. Wohnungen, die mit privatem Geld gebaut werden, sollen völlig freie Mieten haben. Das soll auch für die etwa 27.000 leerstehenden Ostberliner Wohnungen gelten, falls die von Privateigentümern auf eigene Kosten wieder hergerichtet werden. „So wird künftig Spekulation mit Leerstand noch belohnt“, schimpft Hentschel. Der Mieterverein fordert die Preisbindung und Höchstmieten von 2,80 DM pro Quadratmeter und Hilfen bei Modernisierungen durch Mieter.

Der Ostberliner Baustadtrat Thurmann (SPD) hatte vor einigen Wochen erklärt, er erwarte, daß sich die Ostberliner Mieten relativ schnell an das Niveau Westberliner Wohnungen anpaßten. Dies entspräche nach Berechnungen des Mietervereins einer Durchschnittsmiete von 5,66 DM pro Quadratmeter, Wohngeldsubventionen von 1,2 Milliarden wären dann nötig.

esch