Ost-Berlin erhält doch Verfassung

■ Streit um eigene Verfassung für Ost-Berlin beigelegt / Nach einem Volkskammerbeschluß erhält Ost-Berlin länderähnlichen Status / Verfassung von Oberbürgermeister Schwierzina unterzeichnet

Ost-Berlin. Der Streit um die Übergangsverfassung für Ost -Berlin ist gestern ausgeräumt worden: Nach einem Volkskammerbeschluß erhält Ost-Berlin als erstes Land der DDR eine rechtswirksame Verfassung. Dabei handelt es sich um die Übergangsverfassung, die am 11. Juli von der Ostberliner Stadtverordnetenversammlung verabschiedet wurde. Wie die taz berichtete, hatte Ende letzter Woche überraschend der Minister für Regionale und Kommunale Angelegenheiten, Manfred Preiß, vom Ostberliner Magistrat gefordert, diese Verfassung wieder außer Kraft zu setzen.

Laut dem Volkskammerbeschluß vom Sonntag erhält Ost-Berlin mit der Konstituierung der Länderstruktur in der DDR vorerst ebenfalls Landesbefugnisse. Wie der Magistrat gestern bestätigte, soll die Wahl zu einem Gesamtberliner Stadtparlament am gleichen Tag wie die gesamtdeutschen Wahlen, am 2. Dezember, stattfinden. Im Roten Rathaus unterschrieben gestern Präsidiumsmitglieder der Stadtverordnetenversammlung und Oberbürgermeister Tino Schwierzina die vom Ostberliner Stadtparlament beschlossene Verfassung. Sie soll mit der Veröffentlichung im Verordnungsblatt des Magistrats voraussichtlich heute in Kraft treten. Mit dem Zusammentritt einer neugewählten Gesamtberliner Volksvertretung soll sie außer Kraft gesetzt werden.

In einem Gespräch mit DDR-Minister Manfred Preiß (BFD) hatten der amtierende Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung, Reiner Süß, und der Vorsitzende des Ausschusses für die Einheit Berlins, Knut Herbst, (beide SPD) rechtliche Meinungsverschiedenheiten geklärt. Preiß ließ dabei seinen in der vergangenen Woche erhobenen Einspruch „wegen Verletzung geltenden Rechts“ gegen die Verfassung fallen. Oberbürgermeister Tino Schwierzina hatte zur Schlichtung des Streits am vergangenen Wochenende auch DDR-Ministerpräsident Lothar de Maiziere eingeschaltet.

Zur Übernahme von Landeskompetenzen durch den Magistrat beispielsweise die Übergabe der Polizei-, Justiz-, Bildungs -, Wissenschafts- und Kulturhoheit - sollen in nächster Zeit Verhandlungen zwischen dem Oberbürgermeister und den entsprechenden Stellen der DDR-Regierung aufgenommen werden. Die Übernahme solle entsprechend dem geltenden Recht „sensibel“ erfolgen, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung des Ministers und des amtierenden Vorstehers der Stadtverordnetenversammlung.

kd/dpa