Schutzmächte für Schreyer

■ Zum Streit um den HMI-Reaktor

KOMMENTAR

Verschrotten muß das Hahn-Meitner-Institut seinen Forschungsreaktor vorerst noch nicht, nur einmotten. Versagt Schreyer dem Meiler die Genehmigung, kann das Institut gegen diesen Bescheid klagen. Und bis die Richter endgültig entschieden haben, sind vermutlich auch die alliierten Statusvorbehalte hinfällig, die es zur Zeit noch der Bundesregierung versagen, der Westberliner Umweltsenatorin in den Arm zu fallen. Gelten aber auch in Berlin die Bonner Richtlinien, dann wird Schreyers Negativbescheid der juristische Boden entzogen. Pikant ist es schon: Ausgerechnet die Alliierten, die in der Westberliner politischen Mythologie bis heute als „Schutzmächte“ firmieren, bieten Schreyer zur Zeit noch den Schirm, unter dem sie eine eigenständige Atompolitik machen kann.

Die Schutzvorrichtung, die die Sicherheit der Anwohner ernsthaft verbessern könnte - ein Containment für den Reaktor - steht in Berlin mangels Kleingeld trotzdem gar nicht ernsthaft zur Debatte. Es geht nur ums Prinzip - aber das hat bundesweite Bedeutung. Die SPD-Landesregierungen in Westdeutschland teilen Schreyers Ansicht, daß eine Zwischenlagerung von Atommüll im Ausland keine ausreichende Entsorgung ist. Wenn die Westberliner Sozialdemokraten im Senat diese Bedenken vom Tisch wischen, fällen sie nicht nur das Todesurteil über die rot-grüne Koalition - sie fallen auch den eigenen Parteifreunden in der Bundesrepublik in den Rücken.

Hans-Martin Tillack