Koalition vor Kernspaltung

■ Streit um das HMI heute im Senat / SPD-Justizsenatorin Limbach stützt Position von AL-Umweltsenatorin Schreyer

West-Berlin. Im Streit um den Forschungsreaktor des Hahn -Meitner-Instituts (HMI) hat AL-Umweltsenatorin Michaele Schreyer gestern Schützenhilfe von einer Senatskollegin bekommen. Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) bezeichnete es auf Anfrage als „selbstverständlich“, daß die Entscheidung über die Betriebsgenehmigung für den Reaktor nur im Hause Schreyer fallen könne. Es sei der Justizsenatorin „unerfindlich“, warum Schreyer diese Frage von einem Rechtsgutachter eigens habe klären lassen, sagte Limbach -Sprecher Cornel Christoffel.

Heute will Schreyer im Senat den Entwurf ihrer Entscheidung vorstellen. Der Regierende Bürgermeister Walter Momper wird seinen Urlaub an der Ostsee extra unterbrechen, um die Senatssitzung leiten zu können. Ob es zu einer Entscheidung kommt, ist offen. Daß es zum Streit kommen wird, steht dagegen fest. Im Senat gilt es als sicher, daß die grüne Umweltsenatorin dem Reaktor die Genehmigung endgültig versagen will, weil in ihren Augen ein vernünftiger Entsorgungsnachweis für die verbrauchten Brennstäbe fehlt. Die SPD-Mehrheit im Senat hatte dagegen stets für einen Positivbescheid plädiert. Allerdings wird es für die Sozialdemokraten schwierig werden, ihr Ja zum HMI-Reaktor auch durchzusetzen. Wenn die SPD Limbachs Auffassung über Schreyers Alleinzuständigkeit folgt, bleibt ihr nur die Möglichkeit, der Umweltsenatorin die Kompetenz für das Genehmigungsverfahren zu entziehen. Für diesen Fall hat Schreyer einen Bruch der Koalition schon angekündigt.

Den Plan, dem Reaktor nachträglich noch eine Schutzhülle aus Beton - ein sogenanntes Containment - zu verordnen, hat Schreyer vorerst fallengelassen. Weil die Errichtungsgenehmigungen für den Meiler bereits rechtsgültig sind, hätte der Senat für diese Nachbesserung selbst die Kosten tragen müssen. In der Genehmigungsbehörde veranschlagt man zwischen 20 Millionen DM für einen Schutz gegen Hubschrauberabstürze und mindestens 120 Millionen gegen Düsenmaschinen. „So viel Geld haben wir nicht in der Kasse“, heißt es. Nach der Senatssitzung will die Umweltsenatorin den Entwurf ihrer Entscheidung dem HMI zustellen, das dann Gelegenheit zur Stellungnahme hat. Der wissenschaftliche Leiter des Instituts, Hans Stiller, kündigte gestern gegenüber der taz juristische Schritte gegen den Senat an, wenn Schreyer den Reaktor nicht genehmige. Nach den Richtlinien des Bonner Umweltministers Töpfer sei der vom HMI vorgelegte Entsorgungsnachweis ausreichend, argumentierte Stiller. Nur aufgrund der in West -Berlin geltenden alliierten Vorbehalte sei es Schreyer möglich, einer Weisung Töpfers zu entgehen. Das sei „das erste Mal“, daß der Senat in dieser Form ein alliiertes Vorbehaltsrecht ausnütze, schimpfte der Institutschef.

hmt