LeMond blieb unter dem Minimum

■ Leichter Sieg für Greg LeMond bei der 77. Tour de France / Zum Schluß fehlte nur ein Etappensieg

Berlin (taz) - Auf den letzten 182,5 der 3.421 Tour-de -France-Kilometer versuchte das treue Team von Greg LeMond, mit diversen Attacken seinem Kapitän - zum Dank dafür, daß er seine 650.000 Mark Preisgeld, wie es sich gehört, in die Mannschaftskasse wandern ließ - doch noch einen Etappensieg zu ermöglichen. Zum Schluß jedoch mußte sich LeMond mit dem 41. Platz begnügen, den Sprint gewann der Belgier Museeuw vor dem Italiener Baffi und Olaf Ludwig aus der DDR, der sich das Grüne Trikot für den Fahrer mit den besten Plazierungen während der gesamten Tour und bei den verschiedenen Sprintwertungen sicherte.

LeMond war somit der erste Tourgewinner seit Lucien Aimar 1966, der das Gelbe Trikot nach Paris trug, ohne eine einzige Etappe für sich entschieden zu haben. Dafür erntete er nicht nur Schelte vom Erzfeind Laurent Fignon, der ihm einen „Sieg ohne Schneid“ nachsagte, sondern auch von Bernard Hinault, dem fünfmaligen Gewinner der Frankreichrundfahrt, der sonst stets Verständnis für seinen früheren Mannschaftskameraden LeMond und dessen kaltblütige Taktik geäußert hatte: „Ein Etappensieg ist für einen Tourgewinner das absolute Minimum.“ Der Amerikaner trug die Kritik mit Fassung, ihm genügte es, zum drittenmal die Tour gewonnen zu haben, die diesmal einen ziemlich kuriosen Verlauf genommen hatte. Der Zehn-Minuten-Vorsprung, den vier Fahrer - darunter Claudio Chiappucci, Ronan Pensec und Steve Bauer - am ersten Tag herausgefahren hatten, warf alle taktischen Überlegungen blitzartig über den Haufen. „Das hat viele Dinge geändert“, sagt LeMond, auch wenn von den Flüchtlingen nur Chiappucci bis zum Schluß widerstehen konnte; Bauer und Pensec, die ersten Träger des Gelben Trikots, wurden am Ende 27. bzw. 20. der Gesamtwertung.

Trotz solcher Komplikationen war dieser Toursieg für Lemond sein bislang leichtester. Die Iren Kelly (am Schluß 30.) und Roche (44.) waren außer Form, der Mexikaner Alcala (8.) und der Niederländer Breukink (3.) hatten jeweils einen schweren Einbruch, Chiappucci fehlte eine starke Mannschaft, Giro -Sieger Bugno der Biß und Delgado hatte ausgerechnet in den Pyrenäen, die das Terrain für seinen Großangriff sein sollten, Magen- und Darmprobleme. „Ich respektiere die Arbeit von Chiappucci und Breukink“, sagte Greg LeMond denn auch, als er sich auf der vorletzten Etappe zum erstenmal bei dieser Tour das Gelbe Trikot überstreifte, „aber in Wahrheit war Delgado der einzige, den ich schlagen mußte. Die anderen sind von selbst gefallen.“

Matti

Endklassement: 1. Greg LeMond (USA) 90:43:20 Std., 2. Claudio Chiappucci (Italien) 2:16 Min. zurück, 3. Erik Breukink (Niederlande) 2:29, 4. Pedro Delgado (Spanien) 5:01, 5. Marino Lejarreta (Spanien) 5:05, 6. Eduardo Chozas (Spanien) 9:14, 7. Gianni Bugno (Italien) 9:39, 8. Raul Alcala (Mexiko) 11:14, 9. Claude Criquielion (Belgien) 12:04, 10. Miguel Indurain (Spanien) 12:47, ... 87. Uwe Raab (DDR) 1:41:05, 88. Mario Kummer (DDR) 1:42:38, 105. Jan Schur (DDR) 1:54:13, 136. Andreas Kappes (BRD) 2:20:55, 141. Olaf Ludwig (DDR) 2:26:33