Ab auf den Mauerstreifen?

■ Der Betreiber des Krempelmarktes am Reichpietschufer sucht nach einem Ersatzgelände

Kreuzberg. Besonders deprimiert wirkt er nicht, schließlich sei er es gewöhnt, „gegen Windmühlenflügel zu kämpfen“. Immerhin bleiben Michael Wewerka, Betreiber des Krempelmarktes am Reichpietschufer, noch acht Monate, um einen Ersatzstandort für sich und „seine“ rund 250 HändlerInnen zu suchen. Am 31. März 1991 müssen die Trödler das Gelände an der Magnetbahn endgültig räumen. Dann läuft der Pachtvertrag mit dem Bezirksamt Tiergarten aus, und Mitarbeiter der Umweltverwaltung rücken an, um Bodenproben für die Bundesgartenschau vorzunehmen (siehe taz von gestern). Sollten die Bohrtrupps, die ab Montag bereits das Gelände des ehemaligen Polenmarktes unter die Lupe nehmen, auf Explosives, zum Beispiel Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg, stoßen, müssen die TrödlerInnen schon früher einpacken. „Wenn sie dann mit allem fertig sind, liegt das Gelände wieder jahrelang brach“, argwöhnt Wewerka. Noch im März 1989, als auf dem Polenmarkt Hochbetrieb herrschte, hatte er dem Senat angeboten, den Handel zu organisieren und auch zu ordnen. „Die Polen wären erleichtert gewesen, wenn's geklappt hätte.“ Doch der Senat zeigte nur anfangs Interesse, verhängte dann ein Verbot, ohne daß sich an der Situation irgend etwas geändert hätte.

Um den Standort am Reichpietschufer tut es ihm leid, schließlich „ist der so schön zentral“. Außerdem ist ihm die Szene, die „Freaks“, die jedes Wochenende verkaufen, feilschen und kaufen, ans Herz gewachsen. Da mache es noch mehr Spaß als bei seinem zweiten Trödelmarkt an der Straße des 17. Juni, wo es doch etwas feiner zugeht. Über Ersatzgrundstücke muß Wewerka sich nun erst einmal mit den Behörden ins Benehmen setzen. „Besonders kooperativ sind die nicht.“ An Ideen mangelt es nicht. Nach Kreuzberg würde er gern ziehen, wo man zum Beispiel jedes Wochenende eine Straße für den Markt sperren könne. Auch ein Flohmarkt auf dem Mauerstreifen wäre denkbar - oder man läßt ihn da, wo er jetzt ist „und integriert ihn einfach in die Buga“. Eins steht schon mal fest: „Ich gehe da nicht eher runter, bis ich was anderes habe.“

anb