Momper ist der Umfragebürgermeister

■ Umfrage des Emnid-Instituts in Gesamt-Berlin sieht den Regierenden weit vor Diepgen / Chance für Rot-Grün

Berlin. Der Regierende Bürgermeister hieße Walter Momper und regierte entweder mit den Alternativen oder der CDU: Wären am nächsten Sonntag Wahlen in Berlin, ginge nicht nur die SPD als stärkste Partei daraus hervor, sondern es gäbe auch eine rechnerische Mehrheit für Rot-Grün. Das ist eines der Ergebnisse der ersten repräsentativen Meinungsumfrage in ganz Berlin, die der Senat beim Emnid-Institut in Auftrag gab.

Bei der sogenannten Sonntagsfrage erhielt die SPD 39 Prozent der Stimmen, die CDU dagegen nur 34 Prozent, die AL und die Grünen aus Ost-Berlin zusammen 12 Prozent. Die Liberalen kämen nicht ins Parlament, ebensowenig die Reps; die PDS, bei der Kommunalwahl am 6.Mai noch bei 30 Prozent, würde mit berlinweit 8 Prozent zur vierten Fraktion. Emnid befragte zusammen mit einem Ostberliner Meinungsforschungsinstitut im Zeitraum von Mitte Mai bis Mitte Juli 1.505 Westberliner und 1.353 Ostberliner.

Bei der Frage nach dem Favoriten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters liegt Walter Momper im Westen gleichauf mit dem Oppositionschef Eberhard Diepgen, der im Osten aber wenig populär ist. Momper landet deshalb insgesamt auf Platz eins, weit abgeschlagen Diepgen, absolut chancenlos der derzeitige Ostberliner Oberbürgermeister Tino Schwierzina und der Fraktionschef der Ost-CDU, Roland Jacobs.

Ein großer Teil der Erhebung befaßte sich mit der deutschen Einigung und dem Zusammenwachsen der beiden Stadthälften. Insgesamt reagierten die Westberliner skeptischer auf die Entwicklung als die Ostberliner: Zwei Drittel der Westler schätzen die Einigung als „viel zu schnell“ oder „zu schnell“ ein, bei den Ostlern knapp mehr als die Hälfte der Befragten. Auch den Termin für Gesamtberliner Wahlen hält die Mehrzahl der Bevölkerung für verfrüht: Mehr als zwei Drittel der Befragten in Ost und West wünschen sich einen Wahltermin in „ein oder zwei Jahren“ oder „noch später“. Die Probleme, die die Einigung mit sich bringt, werden unterschiedlich bewertet: Im Westen wird vor allem eine steigende Wohnungsnot erwartet, während sich die Ostler stärker vor Arbeitslosigkeit fürchten. Einigkeit herrscht bei der Hauptstadtfrage: In West-Berlin sind 71 Prozent der Befragten für die Hauptstadt und 28 dagegen, im Osten 91 dafür und acht dagegen.

Unklar war gestern bei Redaktionsschluß, ob in der Erhebung nach der Wunschkoalition der Berliner gefragt wurde. CDU -Generalsekretär Landowsky beschuldigte den Senat, die kompletten Ergebnisse den Fraktionen nicht lückenlos zur Verfügung zu stellen und vor allem nicht bekanntzumachen, daß die Zustimmung für ein rot-grünen Bündnis nur bei 30 Prozent liege.

Kordula Doerfler Siehe Tabellen Seite 22