Riedmüller verirrt im Reich des Rechts

■ Streit um die Genehmigung des HMI verschärft sich / AL-Senatorin Schreyer wirft SPD-Senatorin Riedmüller „Wunschvorstellungen“ vor / Gesamtsenat könne keine Genehmigung erteilen

West-Berlin. Im Senatsstreit um den Forschungsreaktor des Hahn-Meitner-Instituts schlugen sich AL-Umweltsenatorin Michaele Schreyer und SPD-Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller gestern gegenseitig die Paragraphen um die Ohren. Riedmüller kündigte vor Journalisten an, „möglicherweise“ werde der Senat schon in seiner Sitzung am 7. August dem HMI eine Betriebsgenehmigung verschaffen. Mit Schreyers Plan, den Reaktorbetrieb nicht zu genehmigen, gerate der Senat in eine „juristisch ausweglose Lage“. Überdies könne es sich die Stadtregierung im Wahlkampf „politisch nicht leisten“, dem Reaktor eine Genehmigung zu versagen und damit den Fortbestand des HMI zu gefährden. Wenn die Koalition in dieser Frage platze, „dann wird das so sein“, sagte Riedmüller. Allerdings wäre das für SPD und AL „schädlich“.

AL-Umweltsenatorin Michaele Schreyer kanzelte kurz darauf in einer eigenen Pressekonferenz Riedmüllers Darstellung einer möglichen Senatsentscheidung am 7. August als „Wunschvorstellung“ ab. Es sei nicht möglich, über die Köpfe der atomrechtlichen Genehmigungsbehörde hinweg dem Reaktor eine Genehmigung zu verschaffen. Wenn der Senat als Kollegialordnung diese Entscheidung fälle, dann sei das eine „Außerkraftsetzung der Verfassung von Berlin“.

Riedmüller äußerte die Furcht, der Senat werde vor Gericht „auf den Bauch fallen“, wenn dem Reaktor die Betriebserlaubnis verweigert werde. Die SPD-Senatorin behauptete, nach dem Atomgesetz sei die vom HMI vorgeschlagene Zwischenlagerung der nuklearen Abfälle im schottischen Dounreay ein hinreichender Entsorgungsnachweis.

Schreyer konterte, daraus könne man nur den Schluß ziehen, „daß in der Wissenschaftsverwaltung kein Atomgesetz vorliegt“. Ein Beschluß der Regierungschefs von Bund und Ländern aus dem Jahr 1980, auf den Riedmüller sich ebenfalls berufen hatte, sei für Berlin nicht bindend. Dieser Beschluß sei von der Entwicklung überholt und mache über Forschungsreaktoren überhaupt keine Aussagen.

An diesem Punkt hat Schreyer auch die Juristen von SPD -Justizsenatorin Limbach hinter sich. In einem der taz vorliegenden Schreiben der Justizverwaltung an die Umweltbehörde heißt es, daß der Bund-Länder-Beschluß „keine dahingehende Verbindlichkeit erlangen“ könne, daß die Genehmigungsbehörden der Länder „gehindert sind, weitergehende Anforderungen an die Entsorgungssicherheit zu stellen“. Limbach-Sprecher Christoffel bekräftigte gestern auch, daß die Justizsenatorin nach wie vor der Meinung sei, Schreyer sei allein für die Betriebsgenehmigung zuständig. Zu Riedmüllers Ausführungen sagte der Sprecher: „Man kann das nicht so auslegen.“

hmt Siehe auch Seite 6