Neu in der Schauburg: Kaurismäkis „Leningrad Cowboys...“

■ Punk-Kombo? Totengräber?

Man kann über den Film schon lachen. Und ihn hinterher ohne Schaden vergessen. Originalton Aki Kaurismäki über seine letzte Produktion: „Es ist der schlechteste Film in der Geschichte des Kinos. Ich weiß, ich kann keine guten Filme machen, also mache ich schlechte.“

Wo der exaltierte Finne recht hat, soll er auch keine Widerworte ernten. Sein neuestes Machwerk Leningrad Cowboys ist achtundsiebzig Minuten langer Schwachsinn auf Zelluloid. Was macht eine Folkloreband in der Tundra, die wenig kann und aussieht wie ein Zwitter aus Punkkombo und mutierten Totengräbern? Sie geht nach Amerika, denn „da nehmen sie den letzten Mist“. Also schnappen sich die neun Männer mit den ellenlangen Haarspray-Tollen und den ebenso langen wie spitzen Schuhen den erfrorenen Bassisten Pekka und packen ihn in eine grobe Holzkiste. Leningrad Cowboys Go America eben. Dort angekommen machen sich die starrgesichtigen Musiker erst einmal mit der Neuen Welt vertraut. Was ist ein Manager? Was ist ein Sraßenkreuzer? What the hell is Rock 'n‘ Roll?

Das krude Unternehmen läßt sich dazu überreden, quer durch die USA nach Mexiko zu fahren, um bei einer Hochzeit hierhin bitte die

irren Typen am Strand

aufzuspielen. Das interessiert zwar niemanden und ist ein billiger Vorwand für ein Road-Movie, aber es bietet die Möglichkeit, die unvergeßlichen Gesichter der Schauspieler Matti Pellonpää, Kari Väänänen oder Silu Seppälä zu studieren. Damit dem entgeisterten Publikum nicht die Gesichtszüge einfrieren wie diesen Söhnen der Mitternachtssonne, wartet Regisseur Kaurismäki mit einer Fülle einzigartiger Kreischer auf. Unbestreitbarer Knüller des Werkes „für Masochisten“ (Kaurismäki): der Hammerhit „Kuka Mitä Häh“ („Wer, was hä?“). Auf den weiteren Plätzen folgen eine Szene, in der mindestens zweihundert leere Bierdosen nach einer langen Autofahrt vom Rücksitz rollen, sowie die ausgestreckten Körper der dullen Jungs auf dem Strand (s. Photo). Dort sollen sie staradäquate Bräune erhalten.

Der Mut Kaurismäkis ist bewundernswert. So unbekümmert hat sich noch selten ein Regisseur in die Nesseln gesetzt. Aber es ist Sommer, eineinviertel Stunden sind schnell rum, und warum sollten wir ZuschauerInnen es nicht mit den letzten zwei Worten des Films halten? „Scheiß drauf“. Jürgen Franck