Unwissen schützt vor Strafe nicht

■ Kaffee-Röster frustriert /Was ein Gutachter nicht sucht, kann er nicht finden

„Ich bin seit 30 Jahren im Kaffeehandel, aber daß so etwas passieren kann, habe ich nicht gewußt.“ Der Geschäftsführer einer kleinen Bremer Kafferösterei fühlt sich zu unrecht zu einer Geldbuße von 2.000 Mark verurteilt. In seinem Kaffee waren erhebliche Mengen von Ersatzstoffen gefunden worden. Eine seiner Lieferfirmen hatte sie ihm „untergejubelt“ (wir berichteten). Gegen die Geldbuße hatte der Beschuldigte zunächst Widerspruch eingelegt: Er habe mit seiner Lieferfirma einen Vertrag, nach der sie den Kaffee von unabhängiger Stelle zu prüfen habe. Und da gab es auch einige Gutachten, aber Richter Peter Häfner hatte darauf bei der Verhandlung des widerspruchs vor dem Amtsgericht in der letzen Woche darauf bestanden, daß jede Partie Kaffee hätte

geprüft werden müssen. Dann, so der Richter, hätte man die Ersatzstoffe auch gefunden.

Der Meinung ist der Beschuldigte ganz und gar nicht - und er hat recht. Denn auch wenn alle Partien geprüft worden wären, so seine Vermutung, wären die Ersatzstoffe nicht gefunden worden. Warum? Weil der Gutachter gar nicht nach derartigem sucht.

Das bestätigte Gutachter Wolfgang Melzer, der für die betroffene Rösterei, aber auch für deren Lieferfirma Gutachten durchführt, auf Anfrage. „Unsere Routineuntersuchungen gehen nicht davon aus, daß Kaffee -Ersatzstoffe vorhanden sind.“ Deshalb, so Melzer weiter, würden Ersatzstoffe, so sie vorhanden wären, auch nicht gefunden: „Da müßte man schon einen konkreten Verdacht haben.“ Ihm sei diese Pro

blematik in bezug auf Kaffee auch nicht bekannt. Geprüft werde lediglich, ob Schimmelplze oder andere Zeugen der rderivorhann sei. Auch bei der unbeteiligten Firma Jacobs hat man von Ersatzstoffen „noch nie gehört“.

Deshalb ist der Beschuldigte überzeugt, daß er seiner „Sorgfaltspflicht“ nachgekommen ist. „Ich bin betrogen worden“, so sein verbittertes Resümee. In der Fortsetzungsverhandlung sollte der Gutachter gehört werden. Der räumt er ein, daß die kleinen Kaffeeröster nicht gerade häufig

ihren Kaffee prüfen lassen. „Nach der Kaffeeverordnung können sie einmal in drei Jahren kommen. Regelmäßige Prüfungen sind selten.“ Aber was können Prüfungen ausrichten, wenn sie unzureichend sind? Auf die Chance, diese Frage zu erörtern, hat der Beschuldigte verzichtet, indem er seinen Widerspruch zurückzog. „Ich habe diesen Schritt getan, um die Sache abzuschließen. Ich kann vorbringen, was ich will der Richter wird sagen, Sie sind verantwortlich.“ Beate Ram