Freier Sex und Sumpfblüten

■ „Aktion Perestroika“, „Projekt Meiga“, „Sexpeace“, „Galerie RODA“, „Jetzt e.V.“, ... - alles der gleiche Sektensumpf / Wohltätigkeit, Gorbi, Regenmacher und ein Sexapostel / „Projekt Meiga“ wirbt auf dem Alex und dem Ku'damm für freien Sex

Berlin. Nicht wenige Passanten sind vor dem auffälligen Plakat schon stehen geblieben. Das Zitat Michail Gorbatschows auf schwarzem Grund, „die Angst muß von der Erde verschwinden“, hat sie sicherlich zu Sympathiegefühlen und vielleicht einige auch zur Überweisung eines gewissen Betrags hingerissen. Die Arbeitsgruppe Sekten im allgemeinen (Studentenausschuß der FU) aber warnt: Die für die Plakate verantwortliche „Aktion Perestroika“ ist nur ein weiterer Verein in einer ganzen Kette von Sektenablegern, die sich rund um den Sexapostel Dieter Duhm (Angst im Kapitalismus) gruppieren.

5.000 solcher Plakate wurden im ganzen Bundesgebiet verklebt, allein 750 in Berlin. „Ja, das hat eine ganze Menge Geld gekostet, ungefähr eine halbe Million“, bestätigt ein ehemaliger Diplomingenieur, der in der selbstverwalteten „Krebsmühle“ im hessischen Oberursel am Telefon des Vereins „Aktion Perestroika“ sitzt und die Anfragen potentieller Spender beantwortet. 25 bundesdeutsche Firmen, Papierlieferanten etwa, hätten die Kosten der Plakataktion jedoch „der guten Sache wegen“ selbst getragen.

Mit den Spenden unterstützt würden beispielsweise Mütter mit Kindern, die in sowjetischen Gefängnissen sitzen. Am Aralsee solle eine Sumpf- und Pflanzenkläranlage aufgebaut werden, außerdem hätten sie einen „Regenmacher“ angesprochen, der dort mit einem speziellen Motor Tropfen versprühen und damit Regenwolken erzeugen wolle.

Sumpfig aber scheint eben nicht nur der Aralsee zu sein. Auch wenn man einmal gutwillig annimmt, daß alles gespendete Geld die Empfänger in der Sowjetunion erreicht, so ist doch zumindest die Sowjetkompetenz des Vereins mehr als fragwürdig. Sexguru Dieter Duhm aber tritt bei seinem Antichambrieren im Namen der „Aktion Perestroika“ als hochseriöser „Sozialwissenschaftler“ auf - so zumindest in der Stuttgarter Stadtverwaltung (siehe überregionaler Teil Seite 7).

Duhm wird schon wissen warum, denn sein Ruf ist nicht der beste. Das 1978 von ihm initiierte Projekt „Bauhütte“ im Schwarzwald geriet unter anderem wegen zweifelhafter sadomasochistischer Praktiken und einer angeblich selbstgeheilten Tripperepidemie in Verruf. Seine Nachfolge trat 1988 das „Projekt Meiga“ in Radolfzell am Bodensee an, in dem ehemalige Prostituierte und andere Frauen ein „alternatives“ oder auch „transformatorisches Bordell“ propagierten. In ihren Manifestationen fällt der eindeutig antifeministische, dem Manne gegenüber äußerst willfährige Ton auf (siehe Kasten).

Auch in West- und Ost-Berlin ist das „Projekt Meiga“ und die ihm verbundenen Organisationen wie „Sexpeace“, „ZEGG“, „Galerie RODA“, „HOT e.V.“ und „Jetzt e.V.“ („Jugend entwirft Zukunft“) aktiv. Des öfteren schon wurden Flugblätter auf dem Alex und dem Ku'damm und selbst bei den Leipziger Montagsdemos verteilt. Der platte Tenor: Nur freier Sex kann die Welt retten. Selbst die Umweltverschmutzung werde dadurch gelöst: „Auf der Suche nach sexuellen Kontakten wird heute dermaßen viel Benzin verfahren, daß schon aus ökologischen Gründen die sexuelle Transformation weltweit durchgesetzt werden muß.“

Und genau dieser Anspruch, das Allheilmittel gefunden zu haben, geht einem Sprecher der AG Sekten im Asta auf den Keks: „Wir wollen nicht die Sexualität tabuisieren oder zurück zur Kleinfamilie. Aber weder gesellschaftliche Gewalt noch Krankheiten wie Aids sind durch Sex einfach wegzukriegen.“

Ute Scheub