OPEC einigt sich auf höheren Öl-Richtpreis

Genf (taz) - Bei der Tagung der Ölminister der 13 ölexportierenden Staaten (OPEC) in Genf zeichnete sich gestern ein Kompromiß über den Richtpreis pro Barrel und die tägliche Fördermenge ab. Allerdings wurde der Beginn der Sitzung, die bei taz-Redaktionsschluß noch andauerte, von morgens auf den Nachmittag verschoben. Die Ölminister Iraks und Saudi-Arabiens hatten noch kein grünes Licht ihrer Regierungen erhalten.

Aus Verhandlungskreisen wurde als wahrscheinlicher Richtpreis pro Barrel Öl (159 Liter) rund 22 US-Dollar genannt. Seit 1986 galt der OPEC-Richtpreis von 18 US -Dollar. Auf dem Weltmarkt hatten die 13 Staaten in den letzten zwei Jahren jedoch nur Preise zwischen 14 und 17 US -Dollar erzielt. Algeriens Ölminister Boussena, amtierender OPEC-Präsident, rechnete vor, daß auf Grund der Inflation heute 22,7 US-Dollar dem Kaufkraftwert von 18 US-Dollar im Jahre 1986 entsprächen. Am Donnerstag galt noch ein neuer Richtpreis von 20 US-Dollar als wahrscheinlich. Der vom Golfkrieg finanziell geschwächte Irak, unterstützt vom ehemaligen Kriegsgegner Iran und von Libyen, blieb bei seiner Forderung nach 25 Dollar.

Die endgültige Vereinbarung wird möglicherweise eine Formel enthalten, wonach der künftige Richtpreis Anfang 1991 erneut überprüft wird, falls er sich bis dahin am Weltmarkt durchsetzen sollte.

Außerdem gab es von einigen Delegationen Hinweise, daß der Irak als „Entschädigung“ für angeblich gestohlenes Erdöl sowie für - durch Überproduktion anderer OPEC-Staaten gesunkene Einnahmen eine Milliarde US-Dollar von Kuwait sowie bis zu 7,5 Milliarden zinsgünstiger Kredite von anderen Golfstaaten erhalten soll. Konsens bestand gestern über eine neue - zumindest bis Ende 1990 gültige Förderhöchstmenge von 22,5 Millionen Barrel täglich (derzeit 22,1 Millionen).

Ob der neue OPEC-Preis die Weltmarktpreise und damit auch die Benzinpreise nach oben drückt, ist noch nicht sicher. Denn die 13 OPEC-Staaten haben derzeit nur einen Weltmarktanteil von rund 36 Prozent. Andere wichtige Förderländer sind an die OPEC-Beschlüsse nicht gebunden und könnten die neue Situation nutzen, um mit Dumping-Preisen ihren Weltmarktanteil zu erhöhen. Der Londoner Brent-Öl, Index für den tagesaktuellen Weltmarktpreis, fiel jedenfalls nach Bekanntwerden eines möglichen Kompromisses bei der OPEC -Tagung erst einmal um einen halben US-Dollar.

Andreas Zumach