Inkarnation des deutschen Beamten

■ „Pflichtbewußt“, „loyal“ und „unauffällig“ sind die Attribute für den Innenstaatssekretär Hans Neusel

Hans Neusel, die Inkarnation des stets dienenden Beamten, gab gestern vor der Bundespressekonferenz in Bonn eine leicht gespenstische Vorstellung. Gerade knapp dem Tode entronnen, dozierte er vor den JournalistInnen über den Euro -Terrorismus und gab sich dabei völlig emotionslos. „Pflichtbewußt“, „unauffällig“, „geräuschlos“, „loyal“ und „fleißig“ waren denn auch die Attribute, die ihm die Nachrichtenagenturen in ihren Meldungen zuschrieben.

Der weißhaarige Hans Neusel wirkt wie ein „netter, älterer Herr“, auf Pressekonferenzen ist er immer sehr sachlich und souverän. Er gehört nicht zu den Scharfmachern, die vor allem Innenminister Zimmermann gerne um sich hatte. Trotzdem ist Hans Neusel ein strammer Rechter. Er trieb die Verschärfung der Terroristengesetze voran, wollte von den Argumenten seines liberaleren Pendants aus dem Justizministerium, Klaus Kinkel, oft nichts wissen.

Der heute 62jährige Jurist aus Dortmund begann seine politische Karriere 1966 als persönlicher Referent von Bundeskanzler Georg Kiesinger. Mit Kiesinger blieb er dann bis zum Machtwechsel 1969 im Bundeskanzleramt. Auch danach war Neusel Kiesingers engster Mitarbeiter, der noch bis 1972 CDU-Vorsitzender war. 1972 wurde er Bürochef des damaligen CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Karl Carstens. Mit dem Ex -Wehrmachts-Offizier zog er mit, als der zunächst Bundestagspräsident, dann Bundespräsident wurde.

Als Richard von Weizsäcker Carstens ablöste, wurde Neusel in den einstweiligen Ruhestand versetzt. 1985 wechselte er als Staatssekretär für die Bereiche „Innere Sicherheit“ und „Polizei“ zu Friedrich Zimmermann ins Innenministerium. Aus unerfindlichen Gründen hielt sich Neusel selbst für „nicht besonders gefährdet“. Deshalb habe er auch auf Panzerwagen und Polizeibewachung verzichtet. Auch in Zukunft will er auf besonderen Schutz verzichten und am Wochenende „ungestört im Siebengebirge spazierengehen“.

Tina Stadlmayer