Hasenscharf und windesschnell

Internationales Windhundtreffen in Dreye / Gewettet wird nicht / Id est Zorro!  ■  Hier den

Welch vielstimmiges Gewinsel, vielflankiges Beben, welch ein Leinengerucke, Geknurre, Gebell, und dabei geht es um nichts anderes als ein fieses, abgelutschtes Stückchen Schaffell, mit rot-weißem Flatterband verziert: den Hasen, wie der Pelz heißt und was kein einziger Hund zu bezweifeln scheint.

Windhundrennen vor den Toren Bremens, Sonntag morgen am Wieltsee in Dreye, der Windhund-Renn-Club Bremer Schlüsse e.V. richtet sein jährliches Wesercoursing aus, einen der bundesweiten 11 Wertungsläufe für die Cupwertung. Und von weit kommen sie her, die Damen Eleonora von der Oelmühle, Cymabresjeva Alisa oder Paquira Ganaderia del Sierra Morena sowie die Herren Borenoff aus dem Zarenreich, Aulad al Sahra's E Tamgart und Id est Zorro. Letztere heißen Rüden und beißen sich gern mal. Und kommen aus Berlin und den Niederlanden und Hofgeismar und der DDR und Hüttenbusch und machen locker achtzig Sachen in der Stunde. Aber nie und nimmer eine Stunde Windhund

lang, und deshalb ist jeder Lauf des Hunderennens, um das es hier geht, immer schon nach einer knappen Minute zu Ende.

Rennleiter Rudolf Liebeskind hat das Geläuf eingerichtet, mit scharfen Kurven und Hindernissen aus Buschwerk und Strohballen. Denn hier geht es nicht um Höchstgeschwindigkeit, sondern um theoretische Jagdtauglichkeit, und Meister Lampe schlägt nun mal Haken. Der Hase wird mit Motorkraft an einem Seil über den Parcours gezogen, die Kurswechsel des Hasen werden durch Umlenkrollen simuliert.

Am Start zerren und zittern zwei Barsois, russische Windhunde, Augenweiden mit Zottelfell und kinderlieb. Zu Hause. Hier sind sie, mit ihren roten Renndecken mit Startnummer und den Maulkörben, zwischen bitte hin!

die Beine von Herrchen oder Frauchen geklemmt, hasenscharf. Die Speckflagge senkt sich, der Hasenzieher gibt Gas, der Hase zischt ab, und nun fällt in Sekundenbruchteilen eine nicht nachvollziehbare Entscheidung: ein Hund hetzt, der andere deckt ab, versucht, dem Hasen den Weg abzuschneiden. Die Rollenverteilung ist nicht voraussagbar.

Feldrichter verteilen Punkte. Liegt Verfolgungsschärfe vor? Ist die Reaktion gut oder läuft Berverly of Kintyre ins Leere? Klappt die Gemeinschaftsarbeit oder gibt's Rauferei? Und, ein Extrapunkt, stimmt der Kill, der finale Biß? Wenn Silvershadow's Bonheur („Bonny“) den Hasen nicht mehr rausrücken will, macht das gar nicht: Das Fellstück wird geteilt, und Ersatzhasen liegen bereit.

Was sagt Herrchen, wenn seine Whippet-Dame voll aus dem Ruder lief und sonstwo rumdöst? „Schuld ist der Hasenzieher, der zieht viel zu schnell.“ Richtig spannend wird es eigentlich erst dann, wenn die Hasenschärfe bei den Wartenden in die Tat umschlägt und die edlen Tiere ausbüchsen: Dann geht es mit Gebelle dem Hasen an die Pelle, und beleibte BesitzerInnen sind schnell wie der Wind. Frau Kronenberger aus Hamburg erinnert sich an den ersten Monat mit Bonnie: „Da habe ich vierzehn Pfund abgenommen“.

Obwohl die Wurzeln des Hunderennsports in England begraben sind, gilt die Insel bei den meisten Beteiligten als abschreckend-gänsehauttreibendes Beispiel von Tierqual und Zügellosigkeit. Dort nämlich dürfen Windhunde wie die Greyhounds noch echt hetzen, und das heißt, meutemäßig jagen, bis das Opfer umfällt. Da seien unsere TierschützerInnen davor! Und nicht zu vergessen: Das Übel der Wetterei... Nein nein, da geht's hierzulande freundlicher zu; am schönsten findet das Herrchen aus Oldenburg immer noch, wenn sein Wauwau zum Söhnchen ins Bett gekrochen kommt. Bu