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Untertauchen in Kreuzberg

■ Exklusives Tauchsportzentrum eröffnete in der Ohlauer Straße / Für 75 DM kann man dort 50 Minuten lang mal richtig „absaufen“

Kreuzberg. „Das Abenteuer ruft“, hieß es in der Einladung, und über 200 Angehörige der Berliner Tauchschickeria kamen. Zur Eröffnung des exklusiven „Dacor Dive Center“ in der Kreuzberger Ohlauer Straße, just gegenüber vom Spreewaldbad, gab es denn auch am Samstag vormittag standesgemäß Schampus und eine Tombola mit Losen zu 25 Mark das Stück. Zur Rettung der beinahe gänzlich toten Ostsee, selbstredend.

Wer den Rausch der Tiefe sucht, sei nun nicht mehr darauf angewiesen, sich mit den Oberflächen-Schwimmern in öffentlichen Bädern zeitlich zu arrangieren, so Geschäftsführer Gerald Lembke. Für 45 DM kann mann und frau anderthalb Stunden lang im Tauchcenter-eigenen Becken (6,5m*12m*3,7m) untertauchen, Flasche, Luft und Blei inklusive. Ferner im Angebot: Tauchkurse aller Art, Ausrüstungen im eigenen Tauchshop, ärztliche Betreuung, „Aquarobic„-Kurse und ein Tauch-Reisebüro.

Hauptfinanzier des teuren Tauchermekkas (Kosten laut Lembke: „ein mehrfacher sechsstelliger Betrag“) ist die Chicagoer „Decor-Corporation“, der weltweit größte Hersteller von Tauchausrüstungen. Ihr „Director of Sales“ hielt vor der erlauchten Tauchergesellschaft in Kennedy -Manier eine Laudatio auf Berlin und auf „die Deutschen mit ihrer Geschäftstüchtigkeit“. Die „Dacor-Gedenkplakette“ durfte dabei zum Schluß der Rede natürlich nicht fehlen.

Kreuzbergs Bezirksstadtrat für Finanzen und Wirtschaft, Wulf-Jürgen Peter, bezeichnete indes das neue Unternehmen als „Selbsthilfeprojekt“ - im Hinblick auf das Engagement der Macher, witzelte er. Kreuzberg sei ja schließlich der „Bezirk der Selbsthilfeprojekte“, meinte Peter und beschloß seine Rede, indem er vernehmlich nach Champagner verlangte.

Stargast auf dem Eröffnungsempfang war aber der betagte Professor Dr. Hans Hass, eine Art Wernher v. Braun des Tauchsports. Nach ein paar amüsanten Schwänken aus seinem Leben („Wie ich bei einem Bombenangriff doch noch zu meinem Doktordiplom kam...“) verlor er sich dann aber in seiner Rede - zum Schrecken der Gastgeber - in ein Plädoyer gegen den kommerziellen Tauch-Massentourismus.

„Hass gib‘ Gas“, rief jemand. Dem Wiener Meeresbiologen, auch Autor eines Buches mit dem Titel „Der Hai im Management“, hörte zum Schluß aber eh keiner der Anwesenden mehr zu, winkten doch noch der Tombola-Gewinn (u.a. eine Tauchreise nach Ägypten) und eine aufregende „Aquarobic„ -Vorführung mit hübschen, wohlgebräunten Taucherinnen.

Marc Fest

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