Zerrüttete DDR-Kunst?

■ betr.: "Das Ende einer Kunst?" taz vom 18.7.90

betr.: „Das Ende einer Kunst?“ von Rolf Schneider,

taz vom 18.7.90

Offenbar gibt es keine guten Argumente gegen die gleichberechtigte Teilnahme der DDR-Kultur an der gesamtdeutschen Kulturunion - denn über die sollte man endlich reden. Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie Rolf Schneider Gelegenheit gegeben haben, seine denkbar schlechten Argumente auszubreiten. Das ist ein Signal, das hoffentlich die Resignation sprengen hilft, in welche die Künstler und Schriftsteller versinken!

Spätestens die Schneider-These, daß die Künstler den Herbst '89 nicht mit herbeigeführt, sondern durch ihr Schmarotzerdasein die Wirtschaft dieses Landes ruiniert hätten, sollte die Betroffenen geweckt haben. Aber die Kernlüge Schneiders besteht in der Behauptung, Mauer und Zensur sei die Substanz dieser von ihm so herabgesetzten Kultur, und Qualität seien Grenzfälle gewesen. Das Gegenteil ist der Fall, und Schneider weiß es: Mauer und Zensur markierten die Grenze, und künstlerische Substanz entwickelte sich trotz Mauer und Zensur - gemessen an den Bedingungen geradezu hervorragend. Und diese Kultur war viel weniger introvertiert, als immer angenommen - sie war und ist extrovertierter als die Kulturen vieler anderer europäischer Länder, Frankreich zum Beispiel.

Lügen hatten wir schon genug - die Wahrheit der Kunst hat sich trotzdem immer wieder behauptet. Warum dann muß jetzt alles umgelogen werden? Und gerade von möglichen Brückenbauern wie Rolf Schneider? Lüge ist es, aus wirtschaftlichem Bankrott auf geistigen und kulturellen Bankrott zu schließen. Lüge ist es, automatisch von der beneidenswerten wirtschaftlichen Prosperität der Bundesrepublik auf ebensolche kulturelle Blüte zu schließen. Lüge wird jeder Versuch sein, das ehemalige DDR-Gebiet auch zum kulturellen Ödland und Notstandsgebiet zu erklären - das kann es nur noch werden!

Will man eine positive Gegenposition zu Rolf Schneider beziehen, und das will ich, gerät man schnell in die Gefahr der Schönfärberei. Deshalb klipp und klar: Nichts gibt es zu beschönigen an dem grauenhaften Verfall der Altstädte obwohl da die politisch-ökonomische Misere auf die kulturelle Infrastruktur erst zurückschlug. Nichts gibt es zu beschönigen an der übermächtigen ideologischen Indoktrination - obwohl ihr Kern längst aus dem Kulturbereich herausgedrängt war und humanistische Prinzipien vorherrschend waren. Nichts gibt es zu beschönigen an dem Hochloben von Mittelmäßigkeit - obwohl sich daran der Westen auf seine Weise wacker beteiligte. Nichts gibt es zu beschönigen an dem Durchschleppen von unzulänglicher Massenproduktion - obwohl dem ein demokratisches Kulturverständnis zugrundeliegt, das der Markt auf andere Weise ebenfalls bedient.

Aber: Unsere Theater, unsere Filmfirma, unsere Verlage sind im Gegensatz zu anderen VEB zu einer konkurrenzfähigen Kultur-„Produktion“ fähig, wenn man sie läßt. Sie sind so wenig verrottet und marode wie die Künstler und Schriftsteller selbst. Sie haben nicht nur an der unteren Grenze des auf dem Weltmarkt gerade noch Akzeptablen gearbeitet. In die gesamtdeutsche Kulturnation haben wir einzubringen, was längst Welt-„Geltung“ bewiesen hat: Phantasievoll verfaßte und ausgestattete Kinderbücher, durch Neukomposition und Interpretation hervorragende Musikkultur, eine geistig anregende vielseitige Bildende Kunst, eine längst im Kulturaustausch bewährte Theaterkunst und ein im Durchschnitt hohes Filmniveau.

Soll dem nachträglich der Makel einer Mauergettokunst von etwas durch Zensurreglementierung Ungenießbarem angehängt werden? Nur die Mentalität des Kalten Krieges kann hier nach dem Fall der Mauer eine geistige Abgrenzung von den Parias da drüben praktizieren! Scheut man denn den objektiven Vergleich?

Wer an dem Konfrontationsdenken der vergangenen Jahrzehnte festhält und sich damit selbst in seiner Bewegungsfreiheit einengt, ist selbst daran schuld. Rache und Vergeltung, Herabsetzung und Alleinvertretungsanspruch sind selbst dann untaugliche Mittel für die dringend notwendige Kulturunion, wenn sie ökonomisch drapiert werden. Markt hat nur dann Sinn, wenn er Werte fördert und nicht kaputt macht. Insofern hat im Kulturbereich die Marktwirtschaft eine brisante Bewährungsprobe abzulegen - der zukünftige gesamtdeutsche Staat kann da nicht bloß als Unbeteiligter gleichgültig zusehen. Er wird außer gigantischen Opernsängergagen etwas mehr auf den Tisch legen müssen - wenn er weiterhin von der Kulturnation glaubhaft reden will.

Das sind die Probleme. Reden wir doch endlich über praktikable Zukunftsvisionen! Ersetzen wir die finstere Schwarzweißmalerei a la Rolf Schneider durch eine objektive Bestandsaufnahme, um die gesamtdeutsche Kulturnation herbeizuführen - die weder der Konservierung alter DDR -Strukturen, noch der kritiklosen Übertragung überholungsbedürftiger BRD-Praktiken verpflichtet werden darf.

Zugegeben - dazu bedarf es mehr Mut und Phantasie, als Wehrlosen im Nachhinein noch einen Fußtritt zu versetzen. Dazu müssen wir uns gegenseitig akzeptieren, wie wir sind. Die DDR-Künstler waren schon immer aufnahmefähig und lernwillig, kreativitätshungrig und diskussionsfreudig. Sie lassen sich jetzt nicht in die Ecke stellen, mit dem Gesicht zur Wand, bis daß im Kommandoton der Markt sie ruft, und die Bußfertigen gnädig zu akzeptieren gedenkt.

Harald Kretzschmar, Kleinmachnow (DDR

Ich lese die taz seit bald einem halben Jahr. Und ich lese sie gern - und mit Gewinn, wie ich hoffe. Sie unterfordert mich nicht.

Rolf Schneiders „rhetorischer“ Artikel indessen machte mich sprachlos. Ich bin kein Künstler, sondern Ingenieur. Ich darf meine Bestürzung also wohl frei vom Verdacht der Getroffenheit äußern, sobald mir die Sprache wiedergegeben sein wird. Daß es mich dazu drängt entspringt der Tatsache, daß die Sprachlosigkeit (nebst der nationalen „Freude“ a la Axel Kintzinger) zu den gefährlichen (deutschen) Artikulationsstörungen gehört.

Wie paßt eine so undifferenzierte Diffamierungsschrift in das geistige Spektrum der taz? Wie kann einer denn so total der bisherigen DDR-Kunst jegliche Leistung, jegliches ehrliche Bemühen absprechen und so kompromißlos für das Primat der Ökonomischen gegenüber dem Ästhetischen eifern? Sucht hier ein Verwickelter in typischer Wendemanier durch größtmögliche Distanzierung im extremen Gegenteil sein Heil?

Das waren meine ersten Gedanken, noch bevor ich mich überzeugt hatte, daß der Autor tatsächlich eben jener gleichnamige DDR-Schriftsteller war - in einem früheren Leben.

(...) Bei einer solchen Betrachtung mußte mir dann allerdings auch selbst mulmig werden: Das wäre auch wieder zu einfach. Also las ich noch einmal. Aufmerksamer und weniger erregt. So ganz unrecht hat der Mann ja gar nicht. Er will wohl provozieren, überzieht dabei scheinbar gleich soweit, daß (hoffentlich) sogar der verbissene Antiintellektuelle unserer Tage irritiert stutzen muß, der innerlich auch schon überzeugt war (oder es schon von jeher gewesen war), daß gerade die Kunst die DDR-Wirtschaft zerrüttet hat, und der auch aufgrund eigenen Desinteresses nie die knisternde Spannung erlebt hat, die ein aus unerfindlichem Grunde durch die Zensur gerutschtes Buch, ein hinterlistiger Liedermacher, eine offiziell verrissene Kunstausstellung oder Schallplatte auszulösen pflegten.

Schneider sagt (oder vielmehr: schreibt) ja selbst, daß Zensur und Unterdrückung den Künsten nicht (durchweg) unbekömmlich seien. Ich glaube, daß letztere vor allem von gesellschaftlichen Konflikten leben, daß sie gerade in der Bedrohtheit besondere Chancen haben, zur Größe zu gelangen. Deshalb hat es auch die Auftragskunst in der DDR am wenigsten zu etwas gebracht. Gar zu kompromißlos zu sein, mußte jedoch ein narzistischer Luxus werden, wenn insonderheit Zensur oder elitäre Verstiegenheit dem unverwässerten Kunstprodukt die Wirkung beim oder überhaupt den Kontakt mit dem Publikum verhinderten. An diesem Punkt der Argumentation angekommen, halte ich wiederum verdutzt inne: Schneider hat dem nirgendwo widersprochen!

Beim dritten Lesen kann ich denn auch nicht mehr die Stelle finden, wo Schneider vermeintlich uneingeschränkt die Marktwirtschaft als das beste Heilmittel für die Künste preist. Allerdings (und dies verwundert mich - vielleicht muß ich's ein viertes Mal lesen?) scheint mir der Essayist doch auch Illusionen in Bezug auf die finanziellen Druckpotenzen zu haben. Sicherlich verfügt das Geld selbst über keinerlei Geschmack, aber so manche derer, die im Auftrage und im Dienst des Geldes Kunst vermarkten (beziehungsweise das, was sie dafür halten), eben leider auch nicht. Schneider müßte doch wohl wissen, daß die überdauernde Kunst nur selten zur Lebzeit des Künstlers das große Geld eingebracht hat. Soll man daraus nun den Schluß ziehen, daß man den Künsten möglichst überhaupt kein Geld geben möge, damit sie großartig werden? Dann wäre es nur konsequent, sie auch politisch in die Enge zu treiben, auf daß sie über sich hinauswachsen!

So bleibt denn wohl zu hoffen, daß es angesichts des zweifellos bankrotten Staates einige private Förderer geben möge, die den Kunstverstand haben, die Spreu vom Weizen zu unterscheiden, und das Geld, es nicht bei der akademischen Unterscheidung zu belassen. Genau genommen steht die Chance dafür nicht schlechter, als wenn eine Schar staatlicher Kanzleiräte Entscheidungsgewalt darüber hat, wer oder was mit Hilfe fremder Steuermittel zu künstl(er)i(s)cher Blüte zu treiben sei.

Das Problem dabei ist nur: Ganz ohne Förderung gedeiht Kunst nicht, und wo sind hier auf dem DDR-Gebiet die finanzkräftigen Mäzene, wo sind die Mäzene im Rest der Welt, die sich gerade für das irgendwie Andere der Kunst einer immer unschärfer werdenden Teilgruppe eines mitteleuropäischen Volkes verausgaben? Einer Teilgruppe, deren Staat ebendies nicht kann noch will, da er an einer maroden Wirtschaft laboriert, für deren Sanierung doch eigentlich das Privatkapital einschließlich der gleichnamigen Initiative besonders zuständig sein soll...

Ich kann Schneider nicht wirksam widersprechen. Es darf tatsächlich nicht um staatliche Kunstaufträge gehen; eine soziale Absicherung des Künstlers ist notwendig, und für bestimmte Bereiche öffentlicher Kunst (Theater, Kino, Medien) muß allerdings der Staat fördernd eingreifen, wenn nicht folgendes herauskommen soll: tumbe Mickey-Maus -Porno-Action fürs gemeine Volk und völlig losgelöste Verschraubtheit für eine einsame Elite und nichts dazwischen. Aber das hat ja eigentlich auch Rolf Schneider nicht bestritten...

An diesem Punkt ist meine Zuschrift endgültig überflüssig geworden, und so macht es denn wohl auch nichts, daß sie länger als 40 Zeilen geworden ist.

Kay Gürtzig, Ilmenau (DDR)

Also, Herr Schneider, da kann man wirklich sagen, was man will, aber Ihnen ist da ein Meisterwerk der Diffamierung ganzer Generationen und Berufsgruppen gelungen. (...)

Da selbst mir sofortige Gegenbeispiele zu den als Tatsachen aufgeblasenen eigenen Pauschalurteilen von ihnen einfallen (G. Görlich und E. Strittmatter beispielsweise greifen sehr wohl bei der Auswahl ihrer Titelgestalten auf Rentner zurück - welche tiefsinnige Bedeutung diese Tatsache auch immer haben soll?), müssen Sie sich doch die Frage gefallen lassen, woher Sie eigentlich die Kompetenz nehmen, über etwas zu schreiben, wovon Sie allem Anschein nach nur sehr ungenügend informiert sind.

(...) Einerseits räumen Sie ein, „die Künste haben die... entstandene Lage weidlich genutzt“, andererseits erwarteten Sie Proteste zu staatlich „pompösen Repräsentationsfesten“. Also, was denn nun? Der Ersatz für „Presse, Pädagogik, Psychiater... und das Reisebüro“ ist nicht genug, abgesehen von der Frage über ebenbürtige Multifunktion der Künste in anderen Ländern, bleibt das auch von Ihnen so wunderschön unsachlich angeschnittene Problem der Finanzierung. Zum einen müßten gerade Sie als Journalist wissen, wie manipulierbar Publikumsgeschmack und Zeitgeschmack überhaupt sind. Außerdem zwingt sie niemand zu Mitleidsbekundungen, die eh niemandem helfen. Jedoch müssen Sie bei aller Vergänglichkeit akzeptieren, daß Erinnerungen an (unter anderem auch von Rentnern und Studenten) bezahlbare Eintrittspreise in Theater, Galerien, Kinos, Schwimmhallen, Konzerte etc. mehr als sentimentales Geschwätz sind. (...)

Heike Runge, Berlin 1058

Wer spricht denn von Kulturabbau? Endlich ist Schluß mit den vielen Kinderhörspielen an den Nachmittagen: Montag, Freitag, Samstag und Sonntag! Statt sich Fühmanns Rumpelstilzchen oder Wendts Sauwetterwind anzuhören, werden unsere Kinder sich jetzt Videos reinziehen - und ich mit! Start frei für Rambo!

Na, wenn das kein Gewinn ist!

Michael Pietsch, Hermsdorf (DDR

betr.: dito und „Posttotalitärer Katzenjammer“ (Reinhard Mohr), taz vom 20.7.90

Es ist die Zeit, da im Sinn von jedem nur seinesgleichen. Es kommt die Zeit, da sich Intellektuelle von den Intellektuellen befreien. Einige werden sich erheben, andere wachsen, und dritte wird man zurückkehren lassen in ihr trautes Heim. (Warum haben sich die überhaupt eingemischt?) Sie alle bleiben, bis auf die Befreiten. Größer werde die Zahl derer, die es danach besser wissen. Das war unser Sozialismus, jetzt sind wir dran! Nach lebenslangem Irrtum Selbstkritik, die auf dem Fuße volkt, zu der man sich durch widerwärtige Texte herausgefordert fühlt.

„Der jetzt häufig vernehmliche Satz, man wolle nicht die Zensur der SED durch die Zensur des Geldes eingetauscht haben, ist insofern Unsinn, als Geld über keinerlei Geschmack verfügt und unfähig ist, ästhetische Präferenzen zu behaupten. Den Geschmack hat das Publikum.“ Was insofern Schwachsinn, als Geld über einen bestimmten Geschmack verfügt, auf den das Publikum gekommen ist, und beides mir als Zensor in Sachen Kultur höchst ungeeignet scheint. „Das Land ist bankrott. Die Künstler haben daran Schuld wie andere, weshalb sie jetzt anteilig an den Folgen tragen müssen.“ Das Eintreten für die eigenen Interessen ist mit dem Kundtun der Einsicht in die Lage anderer nicht abgetan. (Dieses Buch ist dem einen zu schwer, jenes Auto dem anderen zu teuer.) Mitgefangen, mitgehangen!

Allen geht es um die Besetzung des freien (intellektuellen) Vermögens einzelner, möglichst zahlreich, mit einer Propaganda, die den eigenen Ansprüchen gerecht wird. Diesem einen Anspruch wird nicht jeder Intellektuelle gerecht. Das hieße von so manch Behindertem Unmenschliches verlangen. Nicht jeder Bürger war bereit, dieses Land (DDR) zu verlassen; das haben Intellektuelle erkannt, die blieben. Nicht jeder Bürger hätte seinen Intellektuellen bis ins Exil zu folgen vermocht. Was neu hinzubleibt, ist die Erkenntnis halt: Der Mensch unterwirft sich den Umständen, solange es für all seine geistige Kraft Handhaben gibt. Eine Ideologie anzunehmen, muß er nur bereit sein. Wer demnach seinesgleichen kritisiert, sollte wissen, daß auch er selbst im Rahmen bleibt. Gleich schlecht sind nicht alle Menschen. Von wenigen Kritikern wissen wir über ihr Innenleben viel.

Intellektuelle! Hinterdrein dem Volke aus Totalitarismus in die Arbeitslosigkeit! Laßt es diesmal nicht im Stich. Denn schon einmal hat ein großer Teil von Euch, der größte, Wirklichkeit überhaupt nicht bemerkt. Nicht darum geht es, den Leuten auf zwei verschiedene Arten die gleiche Wurst anzudrehen. Nein, nein, nicht um solch abgedichteten elaborierten Schwachsinn. Schon ein krampfentwundenes, reumütiges „Ja“ im Verhandlungssaal als Bekenntnis Eurer Schuld an der widerrechtlichen Aneignung sozialistischen biographischen Eigentums würde manch keuchendem Voyeur zum ersten endlich den Saft austreiben. Der Schauprozeß sieht Eure Anverwandten auf der Zeugenbank des Klägers an der Geschichte Anteil nehmen.

Also: Kopf hoch, Ihr Verspäteten, seid auch nur Menschenkinder, die erst eigenes Erleben brennt. Schreibt! Malt! Spielt! Singt! Diese Schwierigkeiten gehen vorbei, alles wird gut (gehen). „Das stimmt; aber es stimmt auch, daß das Leben in der Zwischenzeit vorübergeht.“

Kein Katzenjammer. Was in dieser Zwischenzeit auf den Müll geworfen wird mit einem Krach, liegt als Erfahrungsberg unverdaut herum, der die Sicht versperrt, denn allumfassend ist er, schließlich haben wir gelebt; er ist in Manie weder zu beseitigen noch zu bebauen, sein Grund ist gefährlich heterogen; er will abgetragen und sortiert werden, das braucht Zeit, sonst muß einiges mit einigen in Löcher brechen, und aus ist's mit dem NeuBeginn. Wer uns zu unüberlegter Eile mahnt, hat vergessen (zum Beispiel, daß sich Menschen stets aufs Neue einer Idee verschreiben können, wenn..., zum Beispiel der von einer zahlungsmittelfreien Welt), nie erfahren oder Angst davor, daß erst einige der freigelegten Trümmer und Vakanzen der „festgefügten“ Ordnung „Schaden“ bringen. Wer's nicht glaubt und glaubt, das ginge ihn nichts an, der sollte daran denken, daß jene Ordnung diesen Müllberg okkupiert und fürderhin mit der Entsorgung noch zu tun bekommt.

Andre Tobolski, Berlin 1130