Eiertanz um Panzertrasse in Bollen

■ Im niedersächsischen Wahlkampf war die Panzertrasse gestoppt - nun soll neu geplant werden

Eine Panzertrasse aus Beton wollten die Bewohner von Bollen, einem Dorf in der Nähe von Achim, nicht haben. Das stand fest, seit das Projekt des Bundesverteidigungsministeriums bekannt wurde - schon 1964. Jetzt gibt es berechtigte Hoffnung, daß sich

mit dem sowjetischen Feindbild auch der Plan der Panzertrasse in Luft auflöst.

Schon Ende April verkündete die niedersächsische Landesregierung, damals noch CDU-geführt, den Verzicht auf sämtliche Panzerübergänge. Überzeugt von

den Umweltschützerargumenten habe Ex-Innenminister Josef Stock erfolgreich auf eine Einstellung der Verhandlungen beim Verteidigungsministerium gedrängt. Die Presse Mitteilung im O-Ton: „Stock freute sich über dieses positive Ergebnis der intensiven Bemühungen Niedersachsens und dankte der Bundeswehr für die Bereitschaft, Bürgerbedenken, Naturschutz und neueren Entwicklungen Rechnung zu tragen.“ Und das, kurz bevor die Klage der Stadt Achim gegen die Panzertrasse in zweiter Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg verhandelt werden sollte.

In Bollen wurden Freudenfeste gefeiert. Ein bißchen zu früh, wie sich nach dem Regierungswechsel in Hannover herausstellte. Jürgen Sucka, Sprecher der Wehrbereichsverwaltung in Hannover gestern auf Anfrage: „Die Planungen sind nur ausgesetzt.“

Der sogenannte „militärische Ersatzübergang“ über die Weser zwischen Ahausen und Bollen hätte die Landschaft mit Uferbefestigungen und dem Neubau und Ausbau von Straßen verschandelt. Viele Bauern hätten Land verkaufen müssen. Das militärische Beton-Projekt rief eine Bürgerinitiative auf den Plan, als die ersten Verhandlungen über Grundstücksankäufe Mitte der achziger Jahre begannen. Die protestierte mit Fahrrad-Demos, fragte zigmal beim Verteidigungsministerium an, machte Umweltschutzargumente geltend, inzwischen wurden die ersten Pappsch flt'ein Petitionsausschuß des Bundestages machte sich vor Ort ein Bild, schließlich gab es einen Prozess vor dem Verwaltungsgericht in Stade, nichts half.

Bis das wahlkampfgeschüttelte niedersächsische Innenministerium sich im April im Zuge allgemeiner Abrüstungsbestrebungen zu der bereits zitierten Pressemit

teilung entschloß: Die Panzerübergänge sind gestoppt.

In der letzten Woche bekam der Stadtdirektor von Achim, Wilhelm Petri, ernüchternde Post. Die Bezirksregierung in Lüneburg erlaubte sich mitzuteilen, daß die Planungen für die Panzertrasse nur ausgesetzt, nicht aber aufgehoben seien. Und weiter: „Endgültige Entscheidungen werden zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt.“

Der Stadtdirektor und die Bollener Bürger sind sauer. Was soll das Hin und Her? Wilhelm Petri: „Alle reden von Einsparungen beim Militär, aber die Herren können nicht zugeben, daß sie etwas ad acta gelegt haben.“

Ganz so ist es leider doch nicht. Jürgen Sucka, Pressesprecher der zuständigen Wehrbereichsverwaltung II: „Die sieben Ersatzübergänge im Aller-Leine Bereich sind aufgrund von Bedenken im Hinblick auf den Umweltschutz ganz gestoppt worden. Da

von sind die anderen sieben Maßnahmen aber nicht betroffen. Aufgrund der veränderten Verhältnisse gibt es allerdings zur Zeit in größerem Rahmen Aussetzungen von Projekten, und Planungen werden im großen Umfang infrage gestellt.“

Wie bekannt, seien Truppenreduzierungen geplant, so Sucka weiter. Aber so lange nicht endgültig geklärt sei, wo Standorte verbleiben, könnten auch Entscheidungen über den Bau von entsprechender Infrastruktur nicht fallen. Dazu gehört auch der Ersatzübergang Ahausen-Bollen. Wo gebaut wird und wo nicht, entscheide sich wahrscheinlich Mitte nächsten Jahres, wenn eine neue Konzeption für die Nato steht. Sucka: „Aber im Augenblick passiert nichts.“

Dann können die Bollener ja erst einmal eine Weile Kraft sammeln für die nächsten Akt im Drama Panzertrasse. Beate Ram