Opposition ist in der Mongolei dabei

■ Bei den ersten mongolischen Mehrparteienwahlen behalten die Kommunisten die deutliche Mehrheit

Ulan Bator (wps/ap/taz) - Der Generalsekretär der Mongolischen Revolutionären Volkspartei (MRVP), Gomboschawyn Otschirbat, hat bei den ersten Mehrparteienwahlen in dem zentralasiatischen Land seit mehr als siebzig Jahren knapp seinen nichtkommunistischen Herausforderer schlagen können. Das geht aus ersten, am Montag in Ulan Bator veröffentlichten Auszählungen von Parlamentsmandaten hervor.

Wie die Partei des Nationalen Fortschritts mitteilte, erzielte ihr Kandidat Dashpuntsajyn Ganbold 48 Prozent der abgegebenen Stimmen, während auf Otschirbat rund 51 Prozent entfielen. Der junge Jurist Ganbold war mit einer von „Zelt -zu-Zelt-Kampagne“ in einem Vorort von Ulan Bator angetreten, wo die meisten der Wähler in traditionellen Jurten leben. Ganbold hatte sich hier für eine Verbesserung der Infrastruktur, für ein Krankenhaus und eine Schule eingesetzt. Der 61jährige Orchibat hatte vergangene Woche bei einer Wahlveranstaltung noch eingestanden, daß die kommunistische Partei viele Fehler gemacht habe. Für die Exzesse der Partei trage er allerdings keine Verantwortung. Sein eigener Vater sei Opfer der stalinistischen Säuberungen in den dreißiger Jahren gewesen. Orchibat war erst kurz nach seiner Rückkehr von einem zweijährigen Aufenthalt in Prag im März zum Generalsekretär gewählt worden.

Erwartungsgemäß konnte sich auch der 27jährige Sanjasuren Zorig von der Demokratischen Partei ein Mandat sichern. Die Partei des populären Rocksängers und Dozenten für Marxismus halbrussischer Abstammung war die erste, die sich im Februar noch in der Illegalität gründete. Heute zählt sie zu der oppositionellen Dachorganisation „Demokratische Allianz“, die eine Kooperation mit der Regierung zur Sicherung des politischen, sozialen und ökonomischen Fortschritts anstrebt. Insgesamt konnte Zorigs Partei 14 Mandate für sich verbuchen, die „Nationale Fortschrittspartei“ sechs und die „Sozialdemokratische Partei“ fünf. Alle diese Mandate, bis auf eines der Sozialdemokraten, wurden in der Hauptstadt Ulan Bator vergeben. In der Steppe hingegen hat die MRVP, die sich als Partei der Viehzüchter präsentierte, starken Rückhalt.

Die Opposition reagierte am Montag morgen zurückhaltend bis enttäuscht auf die ersten Teilergebnisse. Den Kommunisten war die Mehrheit in jedem Fall sicher, da die fünf Oppositionsparteien (neben den genannten, die „Grünen“ und die „Freie Arbeiterpartei“) für die 430 Sitze im großen Volkshural nur 100 Kandidaten aufstellen konnten. Sie hatten sich darüber beschwert, daß die Zeit zur Vorbereitung der Wahl zu knapp gewesen sei. Erst im April hatten die Kommunisten nach wochenlangen Demonstrationen ihr Machtmonopol aufgegeben. In der Wahlzentrale der Fortschrittspartei, die ihren Sitz in einer verräucherten Jurte inmitten der Stadt hatte, erklärte eine Aktivistin, „die mongolischen Bürger sind nicht sehr gut informiert“. Zorig, der im Vorfeld der Wahlen mit 50 Sitzen für die Opposition gerechnet hatte, wertete die erste Mehrparteienwahl dennoch als einen „Schritt im Kampf für die Demokratie“. Die Wahlbeteiligung bei der zweiten Runde der Parlamentswahlen lag bei rund 92 Prozent. Etwa eine Million Bürger waren wahlberechtigt. Sie entschieden über die Zusammensetzung des Parlaments und auch über die Gemeinde und Provinzräte. Nach dem ersten Wahlgang am 22. Juli, aus der die MRVP als stärkste Kraft hervorging, bewarben sich jetzt noch 799 Kandidaten um die 430 Sitze im Großen Volkshural. Die Opposition konzentrierte sich auf ein möglichst gutes Abschneiden bei der Wahl für den Kleinen Volkshural, der 53 Sitze umfaßt und zwischen den jährlichen Sitzungen des Großen Volkshurals tagt. Er kann Gesetzentwürfe einbringen und verabschieden, die der Große Volkshural allerdings wieder rückgängig machen kann.

sl