Brief de Maizieres an Bronfman

■ Tauziehen zwischen Bonn, Ost-Berlin und Jerusalem / Demnächst Gespräche in Bonn / Diplomatische Beziehungen DDR-Israel nach Abbruch der Verhandlungen in Kopenhagen in weite Ferne gerückt

Aus Telaviv Amos Wollin

Das israelische Außenministerium wird demnächst mit Bonn Verhandlungen aufnehmen, um Reparationszahlungen der DDR für Israel geltend zu machen. Diese Zahlungen waren in der Vergangenheit von der Regierung in Ost-Berlin gefordert worden, die jedoch seit dem 1. Juli für solch enorme Summen nicht mehr zuständig ist. In der vergangenen Woche hat der BRD-Botschafter in Israel, Wilhelm Haas, der Regierung in Jerusalem Geduld empfohlen und später über diese Forderung mit Gesamtdeutschland zu verhandeln, da die DDR sowieso bankrott sei.

Israel ging bisher davon aus, daß die DDR entsprechend dem Luxemburger Abkommen von 1952 eine Reparationssumme von 1,5 Milliarden DM zu zahlen hat. Nach Informationen aus Jerusalem soll der Stellvertreter des israelischen Außenministers, Benjamin Netanjahu, Mitte September nach Bonn reisen, auch, um die israelischen Reparationsforderungen an die DDR anzuzsprechen. Bonn war in der letzten Zeit zur geplanten Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der DDR und Israel auf Distanz gegegangen. Der Grund liegt in einem zukünftigen Zahlungsabkommen, nach dem die Reparationen, die die DDR Israel schuldet, vom geeinten Deutschland zu zahlen sein werden. Der Ministerpräsident Lothar de Maiziere hat sich nun vor kurzem in einem Brief an den jüdischen Weltkongreß -Präsidenten, Edgar Bronfman, bereit erklärt, die Verhandlungen mit Israel über die Reparationssumme fortzusetzen, - allerdings im Rahmen der seit dem 1. Juli geltenden Einschränkungen. Die letzten und damals als entscheidend bezeichneten Gespräche zwischen Israel und der DDR in Kopenhagen kamen am 5. Juli zu einem abrupten Ende, weil die DDR es abgelehnt hatte, die Reparationsbedingungen von 1952 in das Zahlungsabkommen mit Israel aufzunehmen, offensichtlich, weil damit auch die Summe von 1,5 Milliarden DM festgelegt worden wäre. Der Inhalt des letzten Briefes von Lothar de Maiziere an Bronfman wird dabei verschieden interpretiert: in den USA eher positiv, und in Jerusalem als eine DDR-Absage an die Reparationsbedingungen von 1952.

Israels Politiker sind fest überzeugt davon, daß die Änderung in der Einstellung der DDR auf eine Intervention seitens der Bonner Behoerden zurückzuführen ist - oder daß der DDR-Rückzieher mit Bonn koordiniert worden war. Damit ist zugleich die Wahrscheinlichkeit einer Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Jerusalem und DDR auf Null gesunken. In Jerusalem wird jetzt betont, daß der Brief de Maizieres an Bronfman in New York keine Grundlage für die Herstellung solcher Beziehungen vor der Vereinigung Deutschlands bietet. Eventuell will das israelische Außenministerium Bonn dazu bewegen, im letzten Moment eine Änderung der DDR-Position zuzulassen, die dann den DDR -Vertrag mit Israel über Reparationsverpflichtungen und diplomatische Beziehungen doch noch ermöglichen könnte. Die DDR hat hat immerhin guten Willen Israel gegenüber gezeigt, kann jedoch ohne Bonner Zustimmung keine großen Zahlungsbeträge versprechen.