Albaner ja, aber bitte nicht bei uns

■ Angst vor Ratten: Schwachhauser wehren sich gegen 43 neue Nachbarn / Klage abgewiesen

„Wir kamen aus dem Urlaub wieder, und da sagt meine Tochter: Wir haben keine guten Nachrichten. Gegenüber ziehen Albaner ein!“ sagt eine Nachbarin in der Lürmannstraße in Schwachhausen, wo seit Montag die 43 „Bremer“ AlbanerInnen wohnen.

Seit rund zwei Wochen hatte sich in der schönen Villa Nr. 8 etwas getan. Die Nachbarn mußten mit Erstaunen beobachten, wie nach einem Umbau ein Laster vorfuhr und 46 Matrazen auslud. Einer der Nachbarn brachte in Erfahrung, daß die Sozialbehörde

das Haus für die 43 AlbanerInnen angemietet hatte, die vor 14 Tagen nach ihrer abenteuerlichen Flucht in Bremen angekommen waren. Über vierzig Leute in einem Haus? Die Nachbarn wurden aktiv und beantragten eine Einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht gegen die neuen Nachbarn. Am Freitag wurde ihre Klage vom Bremer Verwaltungsgericht abgewiesen. Gestern lag das Urteil vor.

„Letzte Nacht haben die bis zwei Uhr mit lauter Musik gefeiert, und heute morgen dachte ich, ich bin in Spanien! “ erzählt die Dame von gegenüber. Die vier Toiletten seien sicher bald verstopft, die Mülltonnen stünden

gesetzwidrig vor dem Haus herum und reichten außerdem sowieso nicht für so viele Leute: „Wir haben Angst, daß dann da der Dreck herumliegt und die Ratten kommen.“ Daß es „eigentlich Menschen sind wie Du und ich“, räumt die Frau ein, und daß sich die Aufregung vielleicht mit der Zeit wieder legen wird, wenn es „ordentliche Menschen“ sind, die „sich nichts zu schulden kommen lassen“. Sauer ist sie, daß es eine „Nacht-und-Nebel-Aktion“ war und niemand informiert worden ist.

Ein Mann im Nachbarhaus ärgert sich über die Summen, die die Stadt dem privaten Vermieter bezahlt: „Fünfzehn Mark pro

Nase und Tag, da kann man sich ja leicht ausrechnen, was der Vermieter einnimmt.“ Er hält es für menschenunwürdig, daß so viele Menschen auf engem Raum zusammenleben sollen, hegt aber auch andere Befürchtungen: „Die Atmosphäre in der Wohnstraße geht kaputt“ und: „Diese Menschen halten sich von der Mentalität her gerne im Vorgarten auf.“ Außerdem sei der Mietvertrag unbefristet, und wenn die Albaner eines Tages ausziehen, „stellen Sie sich vor, wir kriegen hier Kurden rein, wohin soll das führen?“

Nach dem Bebauungsplan sei eine soziale Einrichtung in der Lürmanstraße nicht zulässig, da

es ein reines Wohngebiet sei. Und bei der Anzahl von Leuten könne von „Wohnen“ keine Rede mehr sein.

Vorsitzender des Verwaltungsgerichts und Richter Alfred Kuhlmann sieht keine juristischen Gründe, dem Ansinnen der deutschen Nachbarn nachzugeben und die Albaner zu vertreiben. Der Aufenthalt der Albaner sei durchaus als „Wohnen“ im Sinne des Bebauungsplans zu bezeichnen. Weder die Anzahl der Bewohner, noch ihr voraussichtlich vorübergehender Aufenthalt, noch die Einweisung durch das Sozialamt könnten eine einstweilige Anordnung rechtfertigen. Dasselbe gelte für den Hinweis auf die „Bewahrung des sozialen Milieus“. Eventuelle Lärmbelästigungen wären auch bei drei Mietparteien denkbar. „Dagegen müßten sich die Nachbarn auf die in vergleichbaren Fällen übliche Weise wehren“, wie sie es auch bei deutschen Nachbarn tun würden.

Rechtsanwalt Burkhard Sültmann, der die Nachbarschaftsklage vor Gericht vertritt: „Die Entscheidung ist nicht haltbar.“ Es gebe mehrere Obergerichtliche Entscheidungen, daß diese Nutzungsart in einem reinen Wohngebiet nicht zulässig sei. „Nicht daß wir jetzt in eine falsche Ecke gestellt werden“, erklärt er die Motive seiner MandantInnen, „es geht nur darum, die Bestimmungen einzuhalten.“ Und 43 Menschen auf 240 Quadratmetern, das sei wohl nicht mit Begriff „Wohnen“ vereinbar. Die Antragsteller haben Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Beate Ram