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Erste Abschiebung trotz Kurden-Erlaß

■ Polizei verdächtigt Kurden als Dealer / Innensenator und läßt fristlos ausweisen

Seit dem 23. Februar 1988 konnten sich kurdische Flüchtlinge in Bremen sicher fühlen: Der bundesweit einmalige Bremer „Kurdenerlaß“ sicherte ihnen seitdem eine Duldung auch dann, wenn ihr Asylantrag rechtskräftig vom Bundesamt und den Verwaltungsgerichten abgelehnt worden ist. Der Grund für die Bremer Ausnahmeregelung: Kurden werden in der Türkei auch ohne politische Aktivitäten vom Zentralstaat als Minderheit überfallen, verfolgt und unterdrückt. Stillschweigend hat Innensenator Peter Sakuth diesen besonderen Bremer Schutz jetzt beendet. Zum ersten Mal seit über drei Jahren soll wieder ein Kurde in die Türkei abgeschoben werden.

Der 30jährige Kurde Kemal T. (Name geändert) war 1986 in die Bundesrepublik geflohen, nachdem er in seiner Heimat ohne Grund verhaftet und mißhandelt worden war. So erklärte er es jedenfalls in seinem Asylantrag, der im Januar 1988 rechtskräftig abgewiesen wurde, weil er „widersprüchlich und unstimmig“ gewesen sei. Aufgrund des Bremer „Kurdenerlasses“ bekam Kemal T. dann allerdings jeweils befristete Duldungen in seinen Paß gestempelt. Die letzte davon lief am 30. Juni ab.

Zehn Tage zuvor allerdings wollen drei Polizisten Kemal T. dabei beobachtet haben, wie er

ein Briefchen Heroin übergab und 110 Mark dafür erhielt. Auch zwei Drogenabhängige erklärten im Polizeiverhör, Kemal T. habe ihnen Heroin verkauft. In T.s Wohnung wurden schließlich 7 Gramm Heroin und eine Zeitung gefunden, in der genau das Stück fehlte, aus dem das Heroin-Briefchen bestand. Bei seiner Vernehmung am 2. Juli erklärte Kemal T., er habe nur ein einziges Mal ein Gramm Heroin verkauft, um sich Taschengeld zu verschaffen.

Aus der Haft wurde der Kurde am gleichen Tag wieder entlassen, am 3. Juli allerdings ordnete die Ausländerpolizei seine sofortige Abschiebung an. Der Widerspruch gegen die sofortige Voll

ziehbarkeit der Abschiebung wurde gestern von der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Der Kurde Kemal T. kann nun jeden Tag in die Türkei abgeschoben werden - trotz Bremer Kurdenerlaß und obwohl er noch keine Chance hatte, sich vor Gericht gegen den Vorwurf des Rauschgifthandels zu verteidigen.

„Das besondere Gewicht der durch den Rauschgifthandel drohenden Gefahren läßt es insbesondere zu, einen Ausländer zur Gefahrenabwehr auch dann auszuweisen, wenn lediglich der Handel mit geringen Mengen Heroins festgestellt worden ist“, urteilten die Verwaltungsrichter.

Auch einen „vollen Beweis wie im Strafverfahren“ brauche die Ausländerbehörde wegen der Schwere der Tat nicht zu erbringen, heißt es im Urteil, das sich voll hinter die Absicht stellt, mit der Abschiebung Kemal T.s ein politisches Zeichen zu setzen. „Die generalpräventive Erwägung, andere Ausländer von der Begehung ähnlicher Taten abzuhalten, kann nur dann in dem erforderlichen Maße Erfolg haben“, schreiben die Richter, „wenn deutlich wird, daß die Begehung derart schwerwiegender Delikte wie Handel mit Heroin die unverzügliche Entfernung des Täters aus dem Bundesgebiet zur Folge hat.“

Dirk Asendorpf

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