Wenn die Gärtner Trauer tragen

■ Kleingärtner im Kampf gegen Bauordnungsamt: Keine Chance mit der Laube

Wer denkt, daß Kleingärtner ein genügsames Volk sind, der hat nicht ganz Unrecht. Doch spätestens wenn ein Grundstück die PächterInnen wechselt und das Bauordnungsamt vor der Tür steht, ist es vorbei mit der Ruhe. Statt mit Pflaumen, Äpfeln und Gurken schlagen die Gärtner sich dann mit Paragraphen herum. Nicht selten zeigt sich, wie wenig das Bauordnungsamt von seinem Fach versteht.

Walter Ruffler hat sich auf seinen Kleingarten gefreut. Im November vergangenen Jahres war es dann soweit: Für rund zweitausend Mark kaufte er sich eine Laube, Bäume und Sträucher auf einem Grundstück des Kleingartenvereins Tannenberg.

Anfang April traute er dann seinen Augen nicht: Im Anzug und mit Aktentasche kamen zwei Mitarbeiter des Bauordnungsamtes in seinen Garten spaziert und machten sich an die Arbeit. Schnell war die Größe der Laube

ausgemessen und auch das übrige Grundstück besehen. Walter Ruffler: „Ich dachte, es sei alles klar“ - doch weit gefehlt. Mit seiner anfänglichen Freude ist es vorerst vorbei. Seine 50 Jahre alte Laube ist nämlich 22,6 Quadratmeter groß, 2,6 Quadratmeter größer, als es die Dienstanweisung Nr. 263 des Senators für das Bauwesen zuläßt.

Aber eigentlich ist seine Laube gar nicht so groß: Durch Zurückversetzen der Wände in einem Eckbereich ist unter dem Dach eine Freifläche von etwa fünf Quadratmetern entstanden. Die Laube selber ist also nur 17 Quadratmeter groß. Doch das Bauordnungsamt spielt bei dieser Rechnung nicht mit. Zwar sehe die Freifläche aus wie eine Freifläche, doch sei sie gar keine Freifläche. Die Ursache: Eine schmale, verglaste Sprossenwand, die 70 Zentimeter in die rechteckige Freifläche hineinragt. Denn eine Freifläche sei nur

eine Freifläche, wenn sie an zwei Seiten offen ist.

Kleingärtner Ruffler wollte die Glaswand entfernen, doch auch das hilft ihm nicht. Die Antwort aus der Behörde: Auch ohne Glaswand ist die Freifläche keine Freifläche. Zwar sei sie dann an zwei Seiten offen, doch wegen des Untergrunds gehöre die Fläche wohl eher zur Laube. Der Grund: Der Boden der Fläche ist betoniert.

Eine zubetonierte Fläche ist also eine Laube. Wäre die Fläche nun nicht betoniert, sondern mit Steinplatten ausgelegt, dann wäre die Fläche eine wirkliche Freifläche.

Eigentlich ist das einmal eine Vorschrift mit Sinn. Denn eine betonierte Fläche ist eine versiegelte Fläche und damit wasserundurchlässig. Dies müsse, so das Bauordnungsamt, innerhalb von drei Monaten geändert werden.

Walter Ruffler hätte nun die Möglichkeit, den Beton aufzurei

ßen und Steinplatten zu verlegen. Doch Regenwasser würde trotzdem nicht in den Boden gelangen können: Die Fläche, die dann eine Freifläche wäre, ist nämlich überdacht - und das ist erlaubt. Walter Ruffler: „Als ich nach dem Sinn gefragt habe, hat mir der Mensch vom Bauamt die Dienstvorschrift vor die Nase gehalten. Als ich ihn nach einem menschlichen Rat fragte, war seine Antwort: Dazu kann ich nichts sagen“.

Selbst wenn Walter Ruffler den Beton aufreißt, könnte das noch ganz andere Folgen haben. Der Kleingärtner: „Da der Beton zum Fundament der Laube gehört, grenzt er an die einzige gemauerte Wand. Wenn ich da rumbohre, könnte die ganze Laube zusammenfallen.“ Doch da hat Walter Ruffler die Rechnung ohne das Bauordnungsamt gemacht. Denn ein Kleingartengrundstück ohne Laube ist nicht zulässig.

Thomas Heuzeroth