Allein das Klo kostet 100 DM Miete

■ Berliner Mietergemeinschaft wertete Zeitungsinserate aus: Bis zu 36 DM Miete für einen Quadratmeter Wohnfläche / Hausbesitzer kennen nach oben keine Grenze mehr

West-Berlin. Mehr als verdoppelt haben sich in den letzten drei Jahren die Mieten von Wohnungen, die per Zeitungsinserat angeboten werden. Dies hatte die zweitgrößte Berliner Mieterorganisation, die Berliner Mietergemeinschaft, nach einer Auswertung von knapp 800 Wohnungsanzeigen in der 'Morgenpost‘ festgestellt. Deren Quadratmetermiete beträgt im Schnitt 17,25 DM, im Mai 1987 seien es nur 8,28 DM gewesen. Die teuerste Wohnung habe sogar 36 DM pro Quadratmeter gekostet, eine Dachgeschoßwohnung in Dahlem „mit Luxusküche“. Bei großen Wohnungen mit über vier Zimmern seien die Mieten im Schnitt sogar um 150 Prozent in drei Jahren gestiegen, sagte Mietergemeinschaftsvorstand Heß. Er führt dies darauf zurück, daß solche Wohnungen entweder im - teuren Dachgeschoß liegen oder teilgewerblich vermietet werden. Bei einer teilgewerblichen Vermietung können die Mieten legal fast beliebig hoch angesetzt werden. Aber auch eine Zweizimmerwohnung koste heutzutage neuvermietet um die 1.200 DM, eine Dreizimmerwohnung fast 2.000 DM. Selbst für die billigste Einzimmerwohnung in der Zeitung sei immer noch 4,15 DM pro Quadratmeter verlangt worden. Zwar repräsentierten die Zeitungsanzeigen nur einen Teil des Marktes, aber das seien eben die Wohnungen, die für Neu -Berliner und Leute ohne Beziehungen zur Verfügung stünden.

Die meisten Vermieter kümmerten sich nicht um die gesetzlich festgelegten Höchstgrenzen, sagte Heß. Wenn ein Vermieter mehr als die zulässigen zehn Prozent bei Neuvermietung verlangt, kann ein Mieter zwar dagegen klagen, dies sei aber aufwendig und dauere lang. Die Mieteninitiative des Bausenators sehe zwar gesetzliche Regelungen dagegen vor, die habe aber kaum eine Chance, in Bonn beschlossen zu werden, so Heß.

Die Mietergemeinschaft forderte nun ein „Mietwuchertelefon“ beim Bausenator für West-Berlin, Nagel. Dort sollen alle Mieter, die von überhöhten Mieten betroffen sind, unbürokratischen Rat und rasche Hilfe erhalten können. Außerdem solle der Senat eine Kommission bilden, die alle Neuvermietungen auf Einhaltung der Zehn-Prozent-Grenze überprüft und die Öffentlichkeit entsprechend informiert.

Die Mietergemeinschaft kritisierte die Ankündigung Nagels, daß Westberliner künftig in privaten Ostberliner Wohnungen einziehen dürften. Keine „Lösung unserer Wohnungsprobleme im Ausland“, forderte Heß. Man nehme den Ostberlinern die Wohnungen weg, außerdem seien ja nicht die ganzen 80.000 Wohnungen, die in Privatbesitz sind, jetzt frei, das sei eine „Scheinlösung“. Die Mietergemeinschaft kündigte weiter an, man werde in den nächsten Wochen erste Geschäftsstellen in Ost-Berlin eröffnen.

esch