Wer ist Cormac? Widerstandscomics aus Belfast

„Die Briten wüßten zu gerne, wer sich hinter meinem Pseudonym verbirgt“, sagt „Cormac“. Er gehört zwar zu den meistgelesenen politischen Cartoonisten Irlands und Großbritanniens, seine Identität ist jedoch nur wenigen bekannt. Obwohl seine Cartoons bereits seit fast zwanzig Jahren in politischen Zeitschriften und auf Flugblättern kursieren, haben die nordirischen „Sicherheitskräfte“ bisher lediglich ermittelt, daß der letzte heidnische König Irlands Cormac hieß.

Dessen zeichnendem Nachfahren ist ebenfalls nichts heilig: Seit fünfzehn Jahren erscheint regelmäßig ein bitterböser Cartoon von ihm in der Wochenzeitung von Sinn Fein, dem politischen Flügel der Irisch-Republikanischen Armee (IRA). Böse Zungen behaupten, daß die Zeitung ihre hohe Auflage einzig diesen Cartoons verdanke. „Zweimal haben sie mich zensiert, weil ihnen meine Angriffe auf die katholische Kirche zu scharf erschienen“, erzählt Cormac.

Cartoons sind eigentlich ein britisches Medium. IrInnen drücken ihre Emotionen traditionell eher durch Lieder und Anekdoten aus. Sein bisher einziger fester Job bei der Bahn langweilte den aus einem katholischen Ghetto Belfasts stammenden Cormac jedoch so sehr, daß er während der Arbeit meist Comics las - hauptsächlich die Freak Brothers aus den USA. 1973 ließ er seine ersten eigenen Cartoons drucken und verkaufte sie für ein paar Pfennige in Kneipen. Die Resistance Comix waren geboren.

Cormacs spitze Feder ist jedoch keineswegs nur auf die britischen Besatzer gerichtet, sondern auch auf Rassismus und Sexismus in den eigenen Reihen. Paddy O'Looney, eine seiner Hauptfiguren, gehört der irischen Sektion der „6. intergalaktischen revolutionären Bewegung“ an und wird in den Zeichnungen immer wieder als Chauvinist entlarvt. Eine weitere Zielscheibe für Cormacs Spott sind die „Lehnstuhl -Revolutionäre“, die radikale Theorien nur dann vertreten, wenn sie betrunken sind.

Cormacs Zeichnungen wurden in Großbritannien, den USA und in vielen kleinen europäischen Zeitschriften nachgedruckt stets honorarfrei, versteht sich. Anfang der achtziger Jahre ist an der Kunsthochschule Bristol sogar eine Diplomarbeit über ihn geschrieben worden, und 1981 erschien in London das Buch Cormac Strikes Back, eine Auswahl seiner Cartoons. Da Cormac fast alle aktuellen Ereignisse in Nordirland aufgreift und durch seine Zeichnungen kommentiert, ist so eine „Geschichte des Konflikts in Cartoonform“ entstanden.

Ralf Sotscheck