Dollarbaisse - knallnormal!

MIT DER LEITWÄHRUNG AUF DU UND DU

Günter Freye, Geschäftsführer einer internationalen Vermögensverwaltung, über Hintergründe und Effekte des Dollarverfalls.

taz: Der Dollar auf Talfahrt - bisher hat die Marke 1,60 DM für den Dollar immer Kassandra-Rufe und hektische Aktionen ausgelöst. Warum diesmal nicht?

Günter Freye: Der Dollarverfall kam genau richtig. Denn zur Zeit liegt für die US-Wirtschaftspolitik die Priorität nicht bei der Inflationsbekämpfung, sondern bei der Konjunkturankurbelung. Die aktuelle Rezession ist ja nicht gerade von Pappe. Sorgenkind ist nicht mehr nur die Automobilindustrie, die Zahlen über die Quartalsgewinne vom letzten Juni waren auch für andere Bereiche schlecht, zum Teil ein Desaster. Zur Ankurbelungsmotivation gehört es dann auch, daß die Zinsen gesenkt werden. Das hat allerdings noch einen anderen Hintergrund: das gewaltige Haushaltsdefizit. Zwar wirkt die Senkung der Rüstungsausgaben entlastend, aber die Krise bei den Savings & Loan ist dagegen eine riesige neue Belastung - da spricht man inzwischen von 500 Milliarden Dollar Verlust, das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Die Amerikaner können den Zins zur indirekten Dollarstützung also gar nicht heraufsetzen, das würde ja auch die Staatsschulden immens verteuern.

Warum werden dann die befreundeten Notenbanken nicht mehr bedrängt?

Die volkswirtschaftlichen Grunddaten sind schließlich überall bekannt, wie will man da argumentieren.

Ein Dollarkurs zwischen 1,55 DM und 1,50 DM, welche Effekte hätte das weltweit?

Nun, die Exportkonditionen für die Europäer werden härter, aber hier boomt die Konjunktur ja voll wegen der ganzen Entwicklung in der DDR und Osteuropa. Da ist der kleine Dämpfer durchaus erwünscht. Und gegenüber dem Yen ist der Dollar ja schon seit fast einem Jahr zu teuer. Diesmal ist der Dollarverfall kein Spekulationsergebnis, sondern eine absolut logische wirtschaftliche Entwicklung. Ganz kurzfristig hat den Dollar immer nur eines hochgetrieben: Krisen und Kriege.

Wandert die weltweite Leitwährung nach Europa aus?

Ach Gott, die D-Mark ist ja schon lange als zweite Leitwährung anerkannt. Es gibt praktisch mittlerweile drei Währungen, die weltweit wichtig sind: der Dollar, die D-Mark und der Yen - das sind ja schließlich auch die Währungen, in denen die drei stärksten Exportnationen rechnen.

Der historische Tiefststand des Dollar bei 1,58 DM hat einen Börsencrash abgeschlossen. Wird diesmal einer eingeläutet?

Im Gegenteil. Vielleicht ist es gerade der fallende Dollar, der einen Börsencrash verhindert. Die amerikanische Börse ist ja sehr bullish mit letzthin einem Höchststand des Dow Jones von 3.000 Punkten. Gleichzeitig ist das Kurs-Gewinn -Verhältnis durch die verfallenden Gewinne gefährlich hoch. Die Börse kann nur gehalten werden, wenn die Konjunktur belebt wird, wenn etwa ein steigender Export sich in den Bilanzen nierderschlägt.

Blockauflösung, Trilateralismus, Dollarverfall - geht das amerikanische Zeitalter zu Ende?

Also, ihr Journalisten wollt das immer so bombastisch. Nein, da kann ich nicht mit dienen, I'm terribly sorry.

Interview: Georgia Tornow