„Geeignet, als anstößig empfunden zu werden“

■ CSU freut sich: Endlich mit der SPD Grundrecht auf Asyl ändern / Wilfried Penner, stellvertretender Chef der SPD-Fraktion, zu Lafontaines Auftritt

INTERVIEW

taz: Oskar Lafontaine verteilt Naturalien statt Sozialhilfe an asylsuchende Roma und Sinti. Wie finden Sie das?

Wilfried Penner: Das liegt ausschließlich in der Verantwortung der saarländischen Landesregierung.

Herr Streibl von der CSU freut sich, für die eigene Asylpolitik so viel Verstärkung zu bekommen, und spricht vom „Bankrott der SPD-Asylpolitik“. Nun gäbe es ja endlich mit der SPD die nötige Mehrheit für die „überfällige Änderung“ des Grundrechts auf Asyl.

Die Beschlußlage der SPD-Bundestagsfrakton und der Partei ist in Bezug auf den Artikel16 eindeutig. Außerdem: Wir sind ein Land mit offenen Grenzen zum Westen, demnächst auch zum Osten hin. Wir bleiben ein Land von hohem wirtschaftliche Niveau, das als Zugangsland attraktiv ist, unbeschadete aller rechtlicher Änderungen. Der Zugangsdruck wird weiterhin bestehen, die Abschiebemöglichkeiten - von denen nicht durchgängig Gebrauch gemacht wird - werden auch nur partiell effizient sein, weil über offene Grenzen die Rückkehrmöglichkeit eröffnet wird.

Lafontaine will Menschen aus solchen Ländern, in denen es angeblich „nachgewiesen keine Menschenrechtsverletzungen gibt“, pauschal das Recht nehmen, hier Asylanträge zu stellen.

Das ist nach geltendem Recht nicht möglich.

Verstößt Lafontaines Asylpolitik gegen die SPD -Beschlußlage?

Ich möchte mir eine Bewertung ersparen.

Der Zentralverband der Sinti und Roma findet Lafontaines Vorgehen - Geld statt Sozialhilfe mit dem Ziel, daß die Asylsuchenden Rückfahrkarten beantragen - „unmenschlich“. Sie auch?

Was als Problem nicht verschwiegen werden darf: Es mehren sich die Anzeichen, daß an Sinti und Roma ein Verhalten festgestellt werden muß, das bedauerlicherweise einer Aufnahmebereitschaft entgegensteht. Die betroffenen Sinti und Roma wären gut beraten, durch ihr Verhalten einen Beitrag zu leisten, daß der politische Druck gegenüber Flüchtlingen nachläßt. Was mir zu Ohren kommt, ist geeignet, von der Bevölkerung als anstößig empfunden zu werden.

Die CDU-Koalitionspartnerin FDP sagt: Mit uns läuft keine Änderung des Grundrechts auf Asyl. Wird die SPD jetzt anfangen, ihre Beschlußlage neu zu diskutieren, oder bleibt Lafontaine mit seinem Vorgehen allein?

Die SPD hat es wiederholt bekräftigt, daß das Grundrecht auf Asyl, auch aus historischen Gründen, nicht verändert werden soll.

Freut sich die SPD über einen Kanzlerkandidaten, der Stimmen sammelt bei dem Teil der Bevölkerung, der froh ist, wenn die AusländerInnen endlich verschwinden?

Die SPD ist sich bewußt, daß ein erfolgreicher Kanzlerlandidat Ecken und Kanten haben muß. Oskar Lafontaine ist der Mann, der die SPD zum Erfolg führen kann.

Interview: Susanne Paas