Neu im City: „Impulse“ mit Theresa Russell

■ Die Polizei im engen Rock

Vor ein paar Jahren sah es für Frauen, die hinter der Filmkamera arbeiten wollten, noch zappenduster aus. Dann gab es einige Autorinnenfilme, die „man“ gleich als Frauenfilme abstempeln und in den Kunstkinos von Feministinnen feiern lassen konnte. Aber seit kurzem sind unerschrockene Frauen auch ins Zentrum der Filmindustrie vorgedrungen und drehen kommerzielle Genrefilme, die genauso spannend, erfolgreich und zum Teil auch fragwürdig sind wie die Kriminal-, Action oder Horrorfilme der männliche Kollegen.

In „Blue Steel“ von Kathryn Bigelow jagte zum ersten Mal eine Polizistin als Hauptperson hinter den bösen Buben her, und in „Impulse“ ist Theresa Russell die Undercover-Agentin Lottie, die meist als Lockvogel auf Drogenhändler angesetzt wird.

Anders als Jamie Lee Curtis, die mit engen Hosen, zackigen Bewegungen und großkalibrigen Waffen in der Rolle des Cops fast eine Machotravestie lieferte, sind Theresa Russells Waffen der hohe Rocksaum und der tiefe Ausschnitt. Regisseurin Sondra Locke setzt auch nicht auf Actionszenen, Schießereien oder Verfolgungsjagden, sondern konzentriert sich auf die Athmospäre und die Charaktere.

Lottie ist keine saubere, ungebrochene Heldin. Die Macht, die sie über Männer hat, fasziniert sie immer mehr, und die Frage , zu welchem Preis Lottie käuflich ist, stellt sich im Laufe des Films oft und auf ganz unterschiedliche Weise.

Sondra Locke hält sich streng an die Regeln des Genres (daß immer wieder Mikrophone am oberen Bildrand auftauchen, ist leicht zu verzeihen), aber wichtiger als die Verbrecher und ihre Verfolgung ist ihr diese Frau in ihrem beruflichen und moralischen Dilemma. So ist es auch konsequent, daß der Film nicht den Mörder, sondern Lotties Vorgesetzten dämonisiert. Dessen schleimige Annäherungsversuche sind die schockierendsten Szenen des Films. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wirkt hier viel haarsträubender als zum Beispiel ein Genickschuß. Was will uns die Regisseurin damit sagen ? Wilfried Hippe