Drehorgeley mit Mikrochip

■ Revolutionierte Lebensfreude zu kaufen und zu verleihen

Zwei zum Domtreppenfegen und Kohl-und-Pinkel-Fahren Foto: Sabine Heddinga

Von Haus aus ist Günter Broszey Lehrer für Sport, Kunst und evangelische Religion. Als er aber vor drei Jahren durch Münsters Innenstadt schlenderte, hörte er Töne, die seinem Leben eine Wendung gaben. Die kamen aus einer Drehorgel der Marke „Hofbauer“. Und „Hofbauer“, das ist der welteinzige Leierkastenfabrikant, der Mikrochips in seine Produkte einbaut. Statt acht immer gleicher Lieder, deren Melodien in Metallstifte gegossen und nebeneinander auf einer dicken Walze angeordnet waren, liefert „Hofbauer“ bis zu 1.200 Leierkastenlieder in kleinen handlichen Mikrochipboxen. Nur die Blasebalgtechnik, die die Luft durch die Orgelpfeifen treibt, ist noch die gleiche. Broszey war höchst angetan „von dieser wunderschönen Drehorgel und daß man in so moderner Technik diese alten Lieder bringen kann.“

Drei Jahre sind seit seiner ersten Begegnung mit einer „Hofbauer“ in Münster, dieser zärtlichen Liebe auf den ersten Ton, vergangen. Und noch immer vollzieht sich eine wundersame Wandlung in Günter Broszeys Gesicht, sobald er die Kurbel zu drehen anfängt und seiner Maschine die ersten Töne entlockt: Da ist es egal, ob es sich um den „Graf von Luxemburg“, um den „Zillertaler Hochzeitsmarsch“ oder um die „Alten Kameraden 2“ handelt, er beginnt zu lächeln, mitzuschwingen. „Man kriegt so ein Strahlen“, sagt er selbst. Und: „Diese Musik streichelt die Seele. Diese Musik gibt sofort eine innere Entspannung.“ Wird es ihm nie zuviel, auch nicht nach dem dritten Mal „La paloma“? Nein, Leierkasten-Musik kann ihn nicht nerven. Das ist ganz ausgeschlossen: „Weil man da seelisch mitschwingt.“ Und wenn er zu Hause Ärger hat, geht er in die Stadt Spielen und spätestens nach 15 Minuten „kommt die Freude in einem hoch“.

Vor vier Tagen, am 1. August eröffnete er in Bremen, in der Doventorstraße 4., eine „Drehorgeley“. Hier gibt es „Hofbauer„-Modelle zu verleihen und zu kaufen (für 15.000 Mark ging die erste bereits als Geburtstagsgeschenk für einen Unternehmer weg). Und hier kann Günter Broszey mit seinem Kollegen am Brummbass zum Drehorgelspielen angeworben werden. Dann heißt er allerdings nicht mehr Günter Broszey, sondern „Roland von Bremen“, hat eine Lockenperücke auf, einen blauen Umhang an und ist bereit, mit seinem „Hofbauer“ -Repertoire ganze Tanzorchester zu ersetzen: „Zack. Ich fang an. Ich brauche nicht erst ein Instrument zu stimmen. Jedes Lied kann man auf die Sekunde abrufen. Ich kann auf jede Stimmung schlagartig reagieren. Da kann ich den Leuten unmittelbar die Lebensfreude bringen.“

Hat er denn auch die Rolling Stones schon auf Mikrochip? Nein, aber die Beatles. Und Lambada.

Barbara DebusRoland von Bremen, Tel 171761