Der Name der Hauptstadt

■ Der Staatsvertrag macht alle glücklich

KOMMENTAR

Es hat sich nichts bewegt in der Hauptstadtfrage. Während die roten Stadtoberhäupter, in bekannter Berliner Großmäuligkeit, keinen Zweifel daran lassen, daß Berlin sich nicht mit Repräsentationsaufgaben abspeisen lassen wird, zirkelte man im zweiten Staatsvertrag an einem Scheinkompromiß. Ruhe bitte: Berlin wird Hauptstadt - aber über den definitiven Regierungssitz solle doch das gesamtdeutsche Parlament entscheiden. Die Formel schafft keineswegs Klarheit über die Definition der künftigen Hauptstadt und auch nicht darüber, ob man das „australische Modell“ will. Was Bundesinnenminister Schäuble und sein Partner, DDR-Staatssekretär Krause, gestern als kleine Sensation verkauften, ist eine Zwischenbilanz der bisherigen Debatte. Im Namen der Hauptstadt - alles ist offen. Nun schießen die Interpretationen ins Kraut. Der Senat räumt in Gedanken schon den Reichstag für das gesamtdeutsche Parlament und fühlt sich erleichtert, daß nun auch den Investoren definitive Sicherheiten geboten werden können. CDU-Chef Diepgen rühmt die politische Klugheit seiner Parteigenossen Kohl und de Maiziere, die klargestellt hätten, welche Wege langfristig nach Rom führen. Bayern ist glücklich, und auch das SPD-geführte Nordrhein-Westfalen fällt Momper freudig in den Rücken: Das Schreckgespenst „Hauptstadt Kreuzberg“ scheint vorerst gebannt. Nicht zuletzt lassen auch die DDR-Länder die Sektkorken knallen, weil Bonn noch nicht gewonnen hat. Es herrscht wieder Frieden im Land.

Nana Brink