14.10. - überhaupt möglich?

■ Frühere Wahlen: Pätzold sieht eine „Fülle von Problemen“

Berlin. Innensenator Erich Pätzold (SPD) hält ein Vorziehen der gesamtdeutschen Wahlen auf den 14. Oktober verfassungsrechtlich „für fast ausgeschlossen“. Aber „ich will nicht abwiegeln“, so Pätzold, die Wahlexperten aus seiner Verwaltung werden bis Dienstag „alle Möglichkeiten prüfen“.

Sollte die DDR am 14. Oktober dem Grundgesetz beitreten und gleichzeitig die gesamtdeutsche Regierung gewählt werden, wie Ministerpräsident Lothar de Maiziere gestern vorschlug, sollen am gleichen Tag auch die Berliner ihre neue Stadtregierung wählen, so Pätzold.

Die Westberliner Verfassung würde das Vorziehen auf Oktober ermöglichen, weil sich das Abgeordnetenhaus auflösen darf, wenn dies zwei Drittel der Abgeordneten beschließen. Innerhalb von acht Wochen müßten die BerlinerInnen ihre VolkstribunInnen neu wählen. Dennoch gebe es „jenseits der Verfassungsfrage“ eine „Fülle von Problemen“, so der Innensenator. Beide Berliner Parlamente müßten ein gleiches Wahlgesetz verabschieden, und erst dann können die Bezirksämter die Wahlkreise festlegen und danach die Parteien ihre Kandidaten aufstellen. Dieses wäre zum bisher geplanten Termin am 2. Dezember auch zu schaffen gewesen, erklärte der SPD-Politiker gestern im Schöneberger Rathaus.

Die umfangreichen Änderungsvorschläge zum Wahlgesetz sind den Parteien bereits zugeleitet, sollten am 30. August im Abgeordnetenhaus eingebracht, am 6. September beschlossen und eine Woche später verkündet werden. Eine neue, noch kürzere Frist bis zum 14. Oktober hält Pätzold für einen zu geringen Zeitraum, um Wahlkreise zu erarbeiten

-besonders in Ost-Berlin. Zwar seien die Politiker drüben an schnelle Wahlen gewöhnt, aber im Gegensatz zu West-Berlin seien bisher nicht einmal Wahlbezirke vorhanden.

In jedem Fall bleibt es dabei, daß das Berliner Stadtparlament die Vier-Millionen-Wähler-Stadt vom Roten Rathaus aus regieren wird. Die Worte Magistrat und Stadtverordnetenversammlung landen dann aber in den Geschichtsbüchern.

Bei Berliner Wahlen wird es kein kompliziertes Hickhack bei der Listenbildung geben. Anders als in den übrigen Bundesländern dürfen sich Parteien aus beiden Teilen der nominierten Hauptstadt zu Listen vereinigen. Bekommt die gemeinsame Liste mindestens fünf Prozent, sitzen alle ihr angehörenden Parteien im Rathaus.

In einer gemeinsamen Erklärung behaupteten gestern dagegen Bürgermeister Walter Momper (SPD) und Tino Schwierzina (SPD), daß Berlin auf die „Einheit am 14. Oktober“ vorbereitet sei. Magistrat und Senat hätten schließlich von vornherein so gehandelt, als ob sie schon eine gemeinsame Stadtregierung gewesen wären. De Maizieres Absicht, bereits am 14. Oktober beizutreten, begrüßen sie, weil die DDR -Regierung über „keinerlei“ finanzielle Reserven mehr verfüge.

Dirk Wildt